Gründung Universität Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen

Aus erfurt-web.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Die Seite wurde neu angelegt: „= Gründung der Universität Erfurt = Die Universität Erfurt gilt nach neueren Forschungen als die älteste Universität Deutschlands Die '''[[Universität Er…“)
 
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
= Gründung der Universität Erfurt =
= Gründung der Universität Erfurt =
 
[[Datei:LogoUni.jpg|200px|right]]
Die Universität Erfurt gilt nach neueren Forschungen als die älteste Universität Deutschlands
'''Die Universität Erfurt gilt nach neueren Forschungen als die älteste Universität Deutschlands'''




Die '''[[Universität Erfurt]]''' galt lange Zeit als drittälteste Universität in Deutschland. Ein erstes päpstliches Privileg 1379 war 1389 wegen des Großen Schismas erneurt worden, worauf 1392 der Lehrbetrieb nach Heidelberg (1386) und Köln (1388) aufgenommen wurde. Neuere Forschungen belegen jedoch, dass die "Geburtsurkunde" von 1379 durchaus als Gründungsdatum gelten kann. Erfurt besitzt damit die älteste Universität in Deutschland.  
Die '''[[Universität Erfurt]]''' galt lange Zeit als drittälteste Universität in Deutschland. Ein erstes päpstliches Privileg 1379 war 1389 wegen des Großen Schismas erneurt worden, worauf 1392 der Lehrbetrieb nach Heidelberg (1386) und Köln (1388) aufgenommen wurde. Neuere Forschungen belegen jedoch, dass die "Geburtsurkunde" von 1379 durchaus als Gründungsdatum gelten kann. Erfurt besitzt damit die älteste Universität in Deutschland.  


Dr. Robert Gramsch von der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat mit einem Vortrag die entsprechenden Forschungsergebnisse am 4. Februar 2010 vor dem '''[[Erfurter Geschichtsverein|ErfurterGeschichtsverein]]''' und der '''[[Universität Erfurt]]'''  vorgestellt. Hier sein Fazit:
Dr. Robert Gramsch von der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat mit einem Vortrag die entsprechenden Forschungsergebnisse am 4. Februar 2010 vor dem '''[[ErfurterGeschichtsverein|Erfurter Geschichtsverein]]''' und der '''[[Universität Erfurt]]'''  vorgestellt. Hier sein Fazit:


"Die mitteldeutsche Metropole Erfurt beherbergte schon im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert bedeutende Gelehrte und eine Vielzahl von Studenten, die an den vier Stiftsschulen der Stadt lehrten und lernten. Doch verpasste dieser Schulverbund den Ausbau zur Universität und er erlag um 1365 der Konkurrenz der aufblühenden Prager Hochschule. 1379 dann unternahm der Erfurter Rat eine Initiative zur Gründung einer Universität, die zur Gewährung eines Gründungsprivilegs durch den avignoneser Papst Clemens VII. führte. Weitere päpstliche Privilegien für die Hochschule und ihre angehenden Magister und Studenten belegen die Ernsthaftigkeit dieses Gründungsversuches und beleuchten die tragende Rolle, die ein hessischer Klerikerkreis um den Erfurter Protonotar Hartung Gernodi bei diesem Projekt spielten. Evident ist ferner der Zusammenhang der Gründungsinitiative mit den politischen Wirren im Zusammenhang mit dem 1374 beginnenden Mainzer Bistumsstreit sowie mit dem Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas 1378. Deren politische Wechselfälle führten dazu, dass das Gründungsprojekt 1380 zunächst zum Erliegen kam und erst 1389 unter günstigeren Auspizien erneut aufgenommen und 1392 zum Abschluß gebracht werden konnte.
"Die mitteldeutsche Metropole Erfurt beherbergte schon im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert bedeutende Gelehrte und eine Vielzahl von Studenten, die an den vier Stiftsschulen der Stadt lehrten und lernten. Doch verpasste dieser Schulverbund den Ausbau zur Universität und er erlag um 1365 der Konkurrenz der aufblühenden Prager Hochschule. 1379 dann unternahm der Erfurter Rat eine Initiative zur Gründung einer Universität, die zur Gewährung eines Gründungsprivilegs durch den avignoneser Papst Clemens VII. führte. Weitere päpstliche Privilegien für die Hochschule und ihre angehenden Magister und Studenten belegen die Ernsthaftigkeit dieses Gründungsversuches und beleuchten die tragende Rolle, die ein hessischer Klerikerkreis um den Erfurter Protonotar Hartung Gernodi bei diesem Projekt spielten. Evident ist ferner der Zusammenhang der Gründungsinitiative mit den politischen Wirren im Zusammenhang mit dem 1374 beginnenden Mainzer Bistumsstreit sowie mit dem Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas 1378. Deren politische Wechselfälle führten dazu, dass das Gründungsprojekt 1380 zunächst zum Erliegen kam und erst 1389 unter günstigeren Auspizien erneut aufgenommen und 1392 zum Abschluß gebracht werden konnte.
Zeile 16: Zeile 16:
Wann man künftig die Gründung der alten Universität feiern sollte, kann und will ich nicht entscheiden. Zweifellos haben die Erfurter im Wettstreit um den Ruhm, die älteste deutsche Universität zu besitzen, doppelt Pech gehabt: 1362 hatten sie einen blühenden Lehrbetrieb, aber kein päpstliches Privileg. 1379 hatten sie ein päpstliches Privileg, aber keinen blühenden Lehrbetrieb. Erst 1392 hatten sie beides zusammen. Betrachten wir freilich die alte Schultradition in Erfurt, und bedenken wir ferner, dass auch Prag und Wien ihre Geschichte mit der Gewährung des Gründungsprivilegs und nicht erst mit dem faktischen Beginn des Lehrbetriebs beginnen lassen, so sprechen meines Erachtens doch gute Gründe dafür, 1379 für das eigentliche Geburtsjahr der Universitas studii Erffordensis zu halten."
Wann man künftig die Gründung der alten Universität feiern sollte, kann und will ich nicht entscheiden. Zweifellos haben die Erfurter im Wettstreit um den Ruhm, die älteste deutsche Universität zu besitzen, doppelt Pech gehabt: 1362 hatten sie einen blühenden Lehrbetrieb, aber kein päpstliches Privileg. 1379 hatten sie ein päpstliches Privileg, aber keinen blühenden Lehrbetrieb. Erst 1392 hatten sie beides zusammen. Betrachten wir freilich die alte Schultradition in Erfurt, und bedenken wir ferner, dass auch Prag und Wien ihre Geschichte mit der Gewährung des Gründungsprivilegs und nicht erst mit dem faktischen Beginn des Lehrbetriebs beginnen lassen, so sprechen meines Erachtens doch gute Gründe dafür, 1379 für das eigentliche Geburtsjahr der Universitas studii Erffordensis zu halten."


Text: '''[[Dr. Steffen Raßloff|SteffenRassloff]]'''
Text: '''[[SteffenRassloff|Dr. Steffen Raßloff]]''' (Redakteur des Erfurter Geschichtsvereins)

Version vom 7. Februar 2010, 13:50 Uhr

Gründung der Universität Erfurt

LogoUni.jpg

Die Universität Erfurt gilt nach neueren Forschungen als die älteste Universität Deutschlands


Die Universität Erfurt galt lange Zeit als drittälteste Universität in Deutschland. Ein erstes päpstliches Privileg 1379 war 1389 wegen des Großen Schismas erneurt worden, worauf 1392 der Lehrbetrieb nach Heidelberg (1386) und Köln (1388) aufgenommen wurde. Neuere Forschungen belegen jedoch, dass die "Geburtsurkunde" von 1379 durchaus als Gründungsdatum gelten kann. Erfurt besitzt damit die älteste Universität in Deutschland.

Dr. Robert Gramsch von der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat mit einem Vortrag die entsprechenden Forschungsergebnisse am 4. Februar 2010 vor dem Erfurter Geschichtsverein und der Universität Erfurt vorgestellt. Hier sein Fazit:

"Die mitteldeutsche Metropole Erfurt beherbergte schon im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert bedeutende Gelehrte und eine Vielzahl von Studenten, die an den vier Stiftsschulen der Stadt lehrten und lernten. Doch verpasste dieser Schulverbund den Ausbau zur Universität und er erlag um 1365 der Konkurrenz der aufblühenden Prager Hochschule. 1379 dann unternahm der Erfurter Rat eine Initiative zur Gründung einer Universität, die zur Gewährung eines Gründungsprivilegs durch den avignoneser Papst Clemens VII. führte. Weitere päpstliche Privilegien für die Hochschule und ihre angehenden Magister und Studenten belegen die Ernsthaftigkeit dieses Gründungsversuches und beleuchten die tragende Rolle, die ein hessischer Klerikerkreis um den Erfurter Protonotar Hartung Gernodi bei diesem Projekt spielten. Evident ist ferner der Zusammenhang der Gründungsinitiative mit den politischen Wirren im Zusammenhang mit dem 1374 beginnenden Mainzer Bistumsstreit sowie mit dem Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas 1378. Deren politische Wechselfälle führten dazu, dass das Gründungsprojekt 1380 zunächst zum Erliegen kam und erst 1389 unter günstigeren Auspizien erneut aufgenommen und 1392 zum Abschluß gebracht werden konnte.

So stellt sich denn zuletzt noch einmal eindringlich die Frage, ob man nicht doch schon den 16. September 1379, das Ausstellungsdatum des ersten Privilegs, als den Geburtstag der Erfurter Universität betrachten darf. Denn schließlich gab es nun nicht nur einen einwandfreien Rechtstitel für das Studium, sondern es gab eine Gründergruppe, die das Projekt hätte mit Leben erfüllen können und von der einige tatsächlich auch später in der fertigen Universität eine wichtige Rolle spielten. Es ist also keineswegs zwingend, allein auf das Datum des feierlichen Inauguration 1392 zu blicken. Der Vergleich zu Wien liegt nahe: Auch dort kam die Universität 1365 nicht über die ersten Schritte hinaus. Danach dümpelte sie fast 20 Jahre bis zur faktischen Neugründung 1384 auf einem sehr niedrigen Niveau dahin. Trotzdem hat man in Wien immer wieder mit Stolz auf das frühere Gründungsdatum verwiesen. Ähnliches gilt für Prag.

Die Bestimmung eines Gründungsdatums ist keineswegs nur ein bloßes Problem für die Ausrichter von Jubiläen. Erfurt ist schließlich dadurch, dass die Gründung sich verzögerte, gegenüber Heidelberg und Köln ins Hintertreffen geraten, was für die historische Interpretation nicht folgenlos geblieben ist. Vor allem aber hat die starke Fixierung auf den erfolgreicheren Anlauf von 1389/92 als den eigentlichen Gründungstermin den Blick darauf verstellt, dass die Gründung der Universität sich aus der konkreten historischen Situation von 1379 und nicht aus der von 1389 erklärt.

Wann man künftig die Gründung der alten Universität feiern sollte, kann und will ich nicht entscheiden. Zweifellos haben die Erfurter im Wettstreit um den Ruhm, die älteste deutsche Universität zu besitzen, doppelt Pech gehabt: 1362 hatten sie einen blühenden Lehrbetrieb, aber kein päpstliches Privileg. 1379 hatten sie ein päpstliches Privileg, aber keinen blühenden Lehrbetrieb. Erst 1392 hatten sie beides zusammen. Betrachten wir freilich die alte Schultradition in Erfurt, und bedenken wir ferner, dass auch Prag und Wien ihre Geschichte mit der Gewährung des Gründungsprivilegs und nicht erst mit dem faktischen Beginn des Lehrbetriebs beginnen lassen, so sprechen meines Erachtens doch gute Gründe dafür, 1379 für das eigentliche Geburtsjahr der Universitas studii Erffordensis zu halten."

Text: Dr. Steffen Raßloff (Redakteur des Erfurter Geschichtsvereins)