Sportstadt Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Erfurt brachte als Sportstadt von Weltruf zahlreiche Spitzenathleten hervor. Seine Schwimmer, Läufer, Radfahrer und Eisschnellläufer gelangten sogar auf den sportlichen Olymp. Ihnen verdankt sich auch die heutige moderne Infrastruktur.'''
'''Das Stadtmuseum "Haus zum Stockfisch" eröffnet am 29. April 2026 eine große Sonderausstellung zu dem bedeutsamen, aber bisher eher stiefmütterlich behandelten Thema der Stadtgeschichte.'''




[[Datei:StadionMFA.jpg|420px|rechts]]Die Bezirksstadt Erfurt gehörte zu den Zentren der einstigen Sport-Weltmacht DDR. Seine Sportidole waren sehr wichtig und galten als „Botschafter im Trainingsanzug“. Seit den 1950er-Jahren bildete der SC Turbine Erfurt ein Rückgrat des aufwändig geförderten Leistungssports. Aber auch nach 1990 gelangen große Erfolge. Verkörperung der einstigen Sportstadt von Weltformat sind die Athleten mit zahlreichen Erfolgen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften.  
[[Datei:StadionMFA.jpg|420px|rechts]]Der Sport in seinen vielfältigen Formen von spielerischer, in Regeln gegossener Freude an Bewegung bis hin zum streng ritualisierten Wettbewerb ist eine der antiken Wurzeln, aus denen Europa seine kulturelle Identität schöpft. In den modernen Industriegesellschaften des ausgehenden 19. und 20. Jahrhunderts wird Sport zum Massenphänomen, Identitätsstifter und potenziellen Quell von Gesundheits- und Reformbewegungen, die politische Relevanz erhalten. Dabei ist sein Zentrum in den wachsenden Großstädten zu verorten.


Im Schwimmen ragt Roland Matthes heraus. Der erfolgreichste Rückenschwimmer aller Zeiten gewann bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko und 1972 in München jeweils über 100 m und 200 m Rücken Gold. In der Leichtathletik krönte Geher Hartwig Gauder seine Laufbahn bei Olympia 1980 in Moskau mit Gold über die 50 km, Mittelstreckler Nils Schumann bei Olympia 2000 in Sydney über die 800 m. Im Bahnradsport wurde Daniel Becke 2000 in Sydney Olympiasieger in der Mannschaftsverfolgung, René Wolff 2004 in Athen im Teamsprint sowie Kristina Vogel 2012 in London im Teamsprint und 2016 in Rio de Janeiro im Sprint.  
Das Stadtmuseum Erfurt macht es sich daher mit kompetenten Partnern zur Aufgabe, diesem traditionsreichen Massenphänomen der Moderne eine große Sonderausstellung zu widmen. Ausgehend von den ersten Sportvereinen im Bürger- und Arbeitermilieu wird eine Brücke geschlagen bis zu einem der Zentren der Sport-Weltmacht DDR und den Erfolgen auch nach 1990. Erfurts Schwimmer, Läufer, Radfahrer und Eisschnellläufer gelangten als „Botschafter im Trainingsanzug“ auf den sportlichen Olymp. Seit den 1950er-Jahren bildete der SC Turbine Erfurt ein Rückgrat des aufwändig geförderten Leistungssports. Aber auch nach 1990 gelangen große Erfolge. Verkörperung der Sportstadt von Weltformat sind die Spitzenathleten mit ihren Erfolgen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, allen voran Schwimmer Roland Matthes und Schwimmerin Birte Weigang, Geher Hartwig Gauder und 400-Meter-Läuferin Sabine Busch, Mittelstreckler Nils Schumann, Bahnradsportler Daniel Becke, René Wolff und Kristina Vogel und Eisschnellläuferin Gunda Niemann-Stirnemann.  


In den 1990er- und 2000-Jahren rückte auch der Eisschnelllauf Erfurt ins Rampenlicht. Die Kufenflitzer des ESC Erfurt um Gunda Niemann-Stirnemann, Franziska Schenk, Sabine Völker, Daniela Anschütz-Thoms und Stephanie Beckert gehörten zur Weltspitze. Die offizielle Eischnellläuferin des Jahrhunderts Niemann-Stirnemann holte bei Olympia 1992 in Albertville, 1994 in Lillehammer und 1998 in Nagano insgesamt 3 Gold-, 4 Silber- und 1 Bronzemedaille. Völker und Anschütz-Thoms wurden Olympiasieger in der Team-Verfolgung in Turin 2006, Anschütz-Thoms und Beckert 2010 in  Vancouver. Der Erfurter Sport weist natürlich auch Traditionen auf, die vor 1945 zurückreichen. So gilt die Radrennbahn im Andreasried mit ihrer Einweihung 1899 als die älteste noch in Betrieb befindliche Radrennbahn Deutschlands. Die dortigen Steherrennen mit ihren knatternden Motorrädern genießen bis heute große Popularität. Im Andreasried begannen viele große Karrieren vom fünffachen Bahnrad-Weltmeister der 1970er- und 1980er-Jahre Detlef Macha bis hin zu Becke, Wolff und Vogel.  
Der Erfurter Sport weist natürlich auch Traditionen auf, die vor 1945 zurückreichen. So gilt die Radrennbahn im Andreasried mit ihrer Einweihung 1899 als die älteste noch betriebene in Deutschland. Die dortigen Steherrennen genießen bis heute große Popularität. Zugleich ging der DDR-Leistungssport mit weniger medaillenträchtigen Disziplinen bisweilen rabiat um. So sahen sich die Eishockey-Cracks des SC Turbine 1970 mit der Entscheidung konfrontiert, dass die Oberliga bis auf die Mannschaften in Berlin und Weißwasser aufgelöst und das Erfurter Eisstadion in den Folgejahren abgerissen wurde. Nach 1990 knüpfte der ESC mit dem Team der Black Dragons an diese Tradition an und spielt seitdem in der ursprünglich für den Eiskunstlauf erbauten „Kartoffelhalle“.


Freilich ging der staatlich gelenkte DDR-Leistungssport mit weniger mediallenträchtigen Disziplinen bisweilen rabiat um, was auch Erfurt zu spüren bekam. So sahen sich die Eishockey-Cracks des SC Turbine in ihrem offenen Eisstadion an Stelle der heutigen Eislaufhalle 1970 mit der Entscheidung konfrontiert, dass die DDR-Oberliga bis auf die Mannschaften in Berlin und Weißwasser aufgelöst wurde. Nach 1990 knüpfte der ESC mit dem Team der Black Dragons an diese Tradition an. Ohne die Schattenseiten des DDR-Leistungssports zu verkennen, schwingt doch in der Erinnerung bei vielen Erfurtern Stolz mit. Einige Sportler sorgten zudem auch nach 1990 für herausragende Ergebnisse. Dies wiederum war eine Voraussetzung für die Modernisierung der Infrastruktur, wie den Bau der Leichtathletikhalle 1994 und der Eislaufhalle 2001 und der Rekonstruktion der Radrennbahn 2008. Mit dem Umbau des Steigerwaldstadions, langjährige Spielstätte des FC Rot-Weiß Erfurt und Leichtathletikstadion, zur Multifunktionsarena erhielt das Leistungssportzentrum 2016 sein modernes Herzstück (Foto: Wikipedia, Arena Erfurt GmbH). Einige dieser Sportstätten tragen die Namen verdienter Athleten, wie die Roland-Matthes-Schwimmhalle, die Gunda-Niemann-Stirnemann-Eislaufhalle und Hartwig-Gauder-Leichtathletikhalle.
Die Sonderausstellung wird das in der DDR staatlich verordnete und auch in Erfurt beim SC Turbine und FC Rot-Weiß praktizierte Doping benennen und exemplarisch beleuchten. Trotz dieser Schattenseiten des DDR-Leistungssports schwingt in der Erinnerung bei vielen Erfurtern jedoch vor allem Stolz mit. Einige Sportler sorgten zudem auch nach 1990 für herausragende Ergebnisse. Dies wiederum war eine Voraussetzung für die Modernisierung der Infrastruktur, wie den Bau der Leichtathletikhalle 1994 und der Eislaufhalle 2001 und der Rekonstruktion der Radrennbahn 2008. Mit dem Umbau des 1927-31 durch die Stadt Erfurt errichteten Steigerwaldstadions zur Multifunktionsarena erhielt das Leistungssportzentrum 2016 sein modernes Herzstück. Einige dieser Sportstätten tragen die Namen verdienter Athleten, wie die Roland-Matthes-Schwimmhalle, die Gunda-Niemann-Stirnemann-Eislaufhalle und Hartwig-Gauder-Leichtathletikhalle.  
Auch der Erfurter Fußball blickt auf eine lange Tradition zurück. Die Vorläufer des FC Rot-Weiß Erfurt datieren bis zum 1895 gegründete Erfurter Kricket Club. Bereits 1896 in Sportclub Erfurt 1895 umbenannt, entwickelte sich dieser zu einem der erfolgreichsten Fußballclubs der Region und war im Januar 1900 einer der Mitbegründer des DFB. Ein tiefer Einschnitt war die Auflösung aller Sportvereine in der Sowjetischen Besatzungszone 1945. Die Tradition des SCE ging über mehrere Zwischenschritte 1951 auf die BSG Turbine Erfurt über, die sich im nationalen Spitzenfeld etablierte und in diesem Jahr Vizemeister wurde. 1954 gewann Turbine sogar die Meisterschaft in der DDR-Oberliga. Die Spielernamen haben noch immer einen guten Klang: Helmut Nordhaus, Siegfried Vollrath, Eduard „Eddi“ Francke, Georg Rosbigalle, Jochen Müller oder Lothar Weise. Ein Jahr später gelang dem jetzigen SC Turbine noch einmal die Titelverteidigung. Im Georgij-Dimitroff-Stadion, dem heutigen Steigerwaldstadion, verfolgten bis zu 50.000 Zuschauer die Spiele der blauweißen Turbine-Kicker.


An diese großen Erfolge konnte man später nicht mehr anknüpfen. Am 26. Januar 1966 wurde als Folge eines Beschlusses der DDR-Sportführung aus Turbine der FC Rot-Weiß Erfurt. Trotz der privilegierten Einstufung als Fußballclub blieb man im Schatten der besonders geförderten Clubs in Berlin, Dresden, Jena, Magdeburg und Leipzig. Auch die mit Offensivfußball begeisternde Mannschaft der 1980er-Jahre um das Sturmtrio Jürgen Heun, Martin Busse und Armin Romstedt und zeitweise unter Trainerlegende Hans Meyer, die immerhin noch bis zu 30.000 Zuschauer ins Stadion lockte, verfehlte stets ihr Ziel Europapokalteilnahme. Immerhin erreichte man nach 1950 noch einmal das FDGB-Pokalfinale, das jedoch am 17. Mai 1980 gegen den Thüringer Hauptrivalen FC Carl Zeiss Jena mit 1:3 nach Verlängerung verloren ging.


'''[[Steffen Rassloff|Steffen Raßloff]]: Von Olympiasiegern und Weltmeistern. Die Sportstadt Erfurt.''' In: '''[[Erfurt_55_Highlights_aus_der_Geschichte|Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte]]'''. Erfurt 2021 (2. Auflage 2025). S. 104 f.
Nach 1990 ging es für RWE wie für viele Traditionsclubs im Osten bergab. Zwar konnte man sich 1991 für die 2. Bundesliga qualifizieren, stieg aber sofort wieder ab. Der 13. August 1991 bildet einen der Tiefpunkte. Der spätere Erfolgstrainer Jürgen Klopp erzielte beim 5:0 des 1. FSV Mainz 05 in Erfurt vier Tore. So konnte man sich auch nicht wirklich über die erste und bisher einzige Teilnahme am UEFA-Pokal 1991 freuen (1:0/1:0 gegen FC Groningen, 1:2/0:3 gegen Ajax Amsterdam). Dem erneuten Aufstieg von Rot-Weiß in die 2. Bundesliga durch die Elf um „Fußballgott“ Ronny Hebestreit 2004 folgte wiederum umgehend der Abstieg. Nach vielem auf und ab bis hinunter in die fünftklassige Oberliga in Folge einer Insolvenz spielt RWE heute in der Regionalliga. Das aktuelle Fassungsvermögen des Stadions von 18.500 Zuschauern wird zwar nur selten ausgenutzt, die Zuschauerzahlen sind dennoch beeindruckend und mit die höchsten im viertklassigen Fußball.
Die Ausstellung folgt dieser Entwicklung aus Anlass des 60. Gründungsjubiläums des FC Rot-Weiß Erfurt, wobei über „König Fußball“ hinaus die gesamte Erfurter Sportgeschichte inklusive der Sportarten Radsport, Schwimmen, Leichtathletik und Eisschnelllauf in den Blick genommen wird. Hierzu dienen größtenteils erstmalig öffentlich gezeigte Exponate des 19. bis 21. Jahrhunderts, die mittlerweile zu Ikonen geworden sind. Multimedial werden die großen Momente und die damit verbundenen Persönlichkeiten der Erfurter Sportgeschichte den Besuchern vor Augen geführt. Ein umfangreiches Vortrags- und Begleitprogramm mit „Lebenden Legenden“ vervollständigt den Blick auf ein bisher stiefmütterlich behandeltes, aber so zentrales Kapitel der Stadtgeschichte.
 
('''[[Steffen Rassloff|Steffen Raßloff]]''' / Michael Kummer / Hardy Eidam)
 
 
'''Steffen Raßloff: '''[[Sportstadt Erfurt Rassloff Highlights Geschichte|Von Olympiasiegern und Weltmeistern. Die Sportstadt Erfurt]].''' In: '''Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte'''. Erfurt 2021 (2. Auflage 2025). S. 104 f.




Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[FC_Rot_Weiss_Erfurt|FC Rot-Weiß Erfurt]]''', '''[[Steigerwaldstadion Erfurt|Steigerwaldstadion]]''', '''[[Radrennbahn Andreasried]]''', '''[[Sprungschanze Rhoda]]''', '''[[Baeder und Badeanstalten|Schwimmbäder]]''', '''[[Erfurter Hütte|Erfurter Hütte des Alpenvereins]]'''
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[FC_Rot_Weiss_Erfurt|FC Rot-Weiß Erfurt]]''', '''[[Steigerwaldstadion Erfurt|Steigerwaldstadion]]''', '''[[Radrennbahn Andreasried]]''', '''[[Sprungschanze Rhoda]]''', '''[[Baeder und Badeanstalten|Schwimmbäder]]''', '''[[Erfurter Hütte|Erfurter Hütte des Alpenvereins]]'''

Version vom 22. Dezember 2025, 09:48 Uhr

Sportstadt Erfurt

Das Stadtmuseum "Haus zum Stockfisch" eröffnet am 29. April 2026 eine große Sonderausstellung zu dem bedeutsamen, aber bisher eher stiefmütterlich behandelten Thema der Stadtgeschichte.


StadionMFA.jpg

Der Sport in seinen vielfältigen Formen von spielerischer, in Regeln gegossener Freude an Bewegung bis hin zum streng ritualisierten Wettbewerb ist eine der antiken Wurzeln, aus denen Europa seine kulturelle Identität schöpft. In den modernen Industriegesellschaften des ausgehenden 19. und 20. Jahrhunderts wird Sport zum Massenphänomen, Identitätsstifter und potenziellen Quell von Gesundheits- und Reformbewegungen, die politische Relevanz erhalten. Dabei ist sein Zentrum in den wachsenden Großstädten zu verorten.

Das Stadtmuseum Erfurt macht es sich daher mit kompetenten Partnern zur Aufgabe, diesem traditionsreichen Massenphänomen der Moderne eine große Sonderausstellung zu widmen. Ausgehend von den ersten Sportvereinen im Bürger- und Arbeitermilieu wird eine Brücke geschlagen bis zu einem der Zentren der Sport-Weltmacht DDR und den Erfolgen auch nach 1990. Erfurts Schwimmer, Läufer, Radfahrer und Eisschnellläufer gelangten als „Botschafter im Trainingsanzug“ auf den sportlichen Olymp. Seit den 1950er-Jahren bildete der SC Turbine Erfurt ein Rückgrat des aufwändig geförderten Leistungssports. Aber auch nach 1990 gelangen große Erfolge. Verkörperung der Sportstadt von Weltformat sind die Spitzenathleten mit ihren Erfolgen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, allen voran Schwimmer Roland Matthes und Schwimmerin Birte Weigang, Geher Hartwig Gauder und 400-Meter-Läuferin Sabine Busch, Mittelstreckler Nils Schumann, Bahnradsportler Daniel Becke, René Wolff und Kristina Vogel und Eisschnellläuferin Gunda Niemann-Stirnemann.

Der Erfurter Sport weist natürlich auch Traditionen auf, die vor 1945 zurückreichen. So gilt die Radrennbahn im Andreasried mit ihrer Einweihung 1899 als die älteste noch betriebene in Deutschland. Die dortigen Steherrennen genießen bis heute große Popularität. Zugleich ging der DDR-Leistungssport mit weniger medaillenträchtigen Disziplinen bisweilen rabiat um. So sahen sich die Eishockey-Cracks des SC Turbine 1970 mit der Entscheidung konfrontiert, dass die Oberliga bis auf die Mannschaften in Berlin und Weißwasser aufgelöst und das Erfurter Eisstadion in den Folgejahren abgerissen wurde. Nach 1990 knüpfte der ESC mit dem Team der Black Dragons an diese Tradition an und spielt seitdem in der ursprünglich für den Eiskunstlauf erbauten „Kartoffelhalle“.

Die Sonderausstellung wird das in der DDR staatlich verordnete und auch in Erfurt beim SC Turbine und FC Rot-Weiß praktizierte Doping benennen und exemplarisch beleuchten. Trotz dieser Schattenseiten des DDR-Leistungssports schwingt in der Erinnerung bei vielen Erfurtern jedoch vor allem Stolz mit. Einige Sportler sorgten zudem auch nach 1990 für herausragende Ergebnisse. Dies wiederum war eine Voraussetzung für die Modernisierung der Infrastruktur, wie den Bau der Leichtathletikhalle 1994 und der Eislaufhalle 2001 und der Rekonstruktion der Radrennbahn 2008. Mit dem Umbau des 1927-31 durch die Stadt Erfurt errichteten Steigerwaldstadions zur Multifunktionsarena erhielt das Leistungssportzentrum 2016 sein modernes Herzstück. Einige dieser Sportstätten tragen die Namen verdienter Athleten, wie die Roland-Matthes-Schwimmhalle, die Gunda-Niemann-Stirnemann-Eislaufhalle und Hartwig-Gauder-Leichtathletikhalle. Auch der Erfurter Fußball blickt auf eine lange Tradition zurück. Die Vorläufer des FC Rot-Weiß Erfurt datieren bis zum 1895 gegründete Erfurter Kricket Club. Bereits 1896 in Sportclub Erfurt 1895 umbenannt, entwickelte sich dieser zu einem der erfolgreichsten Fußballclubs der Region und war im Januar 1900 einer der Mitbegründer des DFB. Ein tiefer Einschnitt war die Auflösung aller Sportvereine in der Sowjetischen Besatzungszone 1945. Die Tradition des SCE ging über mehrere Zwischenschritte 1951 auf die BSG Turbine Erfurt über, die sich im nationalen Spitzenfeld etablierte und in diesem Jahr Vizemeister wurde. 1954 gewann Turbine sogar die Meisterschaft in der DDR-Oberliga. Die Spielernamen haben noch immer einen guten Klang: Helmut Nordhaus, Siegfried Vollrath, Eduard „Eddi“ Francke, Georg Rosbigalle, Jochen Müller oder Lothar Weise. Ein Jahr später gelang dem jetzigen SC Turbine noch einmal die Titelverteidigung. Im Georgij-Dimitroff-Stadion, dem heutigen Steigerwaldstadion, verfolgten bis zu 50.000 Zuschauer die Spiele der blauweißen Turbine-Kicker.

An diese großen Erfolge konnte man später nicht mehr anknüpfen. Am 26. Januar 1966 wurde als Folge eines Beschlusses der DDR-Sportführung aus Turbine der FC Rot-Weiß Erfurt. Trotz der privilegierten Einstufung als Fußballclub blieb man im Schatten der besonders geförderten Clubs in Berlin, Dresden, Jena, Magdeburg und Leipzig. Auch die mit Offensivfußball begeisternde Mannschaft der 1980er-Jahre um das Sturmtrio Jürgen Heun, Martin Busse und Armin Romstedt und zeitweise unter Trainerlegende Hans Meyer, die immerhin noch bis zu 30.000 Zuschauer ins Stadion lockte, verfehlte stets ihr Ziel Europapokalteilnahme. Immerhin erreichte man nach 1950 noch einmal das FDGB-Pokalfinale, das jedoch am 17. Mai 1980 gegen den Thüringer Hauptrivalen FC Carl Zeiss Jena mit 1:3 nach Verlängerung verloren ging.

Nach 1990 ging es für RWE wie für viele Traditionsclubs im Osten bergab. Zwar konnte man sich 1991 für die 2. Bundesliga qualifizieren, stieg aber sofort wieder ab. Der 13. August 1991 bildet einen der Tiefpunkte. Der spätere Erfolgstrainer Jürgen Klopp erzielte beim 5:0 des 1. FSV Mainz 05 in Erfurt vier Tore. So konnte man sich auch nicht wirklich über die erste und bisher einzige Teilnahme am UEFA-Pokal 1991 freuen (1:0/1:0 gegen FC Groningen, 1:2/0:3 gegen Ajax Amsterdam). Dem erneuten Aufstieg von Rot-Weiß in die 2. Bundesliga durch die Elf um „Fußballgott“ Ronny Hebestreit 2004 folgte wiederum umgehend der Abstieg. Nach vielem auf und ab bis hinunter in die fünftklassige Oberliga in Folge einer Insolvenz spielt RWE heute in der Regionalliga. Das aktuelle Fassungsvermögen des Stadions von 18.500 Zuschauern wird zwar nur selten ausgenutzt, die Zuschauerzahlen sind dennoch beeindruckend und mit die höchsten im viertklassigen Fußball.

Die Ausstellung folgt dieser Entwicklung aus Anlass des 60. Gründungsjubiläums des FC Rot-Weiß Erfurt, wobei über „König Fußball“ hinaus die gesamte Erfurter Sportgeschichte inklusive der Sportarten Radsport, Schwimmen, Leichtathletik und Eisschnelllauf in den Blick genommen wird. Hierzu dienen größtenteils erstmalig öffentlich gezeigte Exponate des 19. bis 21. Jahrhunderts, die mittlerweile zu Ikonen geworden sind. Multimedial werden die großen Momente und die damit verbundenen Persönlichkeiten der Erfurter Sportgeschichte den Besuchern vor Augen geführt. Ein umfangreiches Vortrags- und Begleitprogramm mit „Lebenden Legenden“ vervollständigt den Blick auf ein bisher stiefmütterlich behandeltes, aber so zentrales Kapitel der Stadtgeschichte.

(Steffen Raßloff / Michael Kummer / Hardy Eidam)


Steffen Raßloff: Von Olympiasiegern und Weltmeistern. Die Sportstadt Erfurt. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021 (2. Auflage 2025). S. 104 f.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, FC Rot-Weiß Erfurt, Steigerwaldstadion, Radrennbahn Andreasried, Sprungschanze Rhoda, Schwimmbäder, Erfurter Hütte des Alpenvereins