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'''Das Stadtmuseum "Haus zum Stockfisch" eröffnet am 29. April 2026 eine große Sonderausstellung zu dem bedeutsamen, aber bisher eher stiefmütterlich behandelten Thema der Stadtgeschichte.'''
'''Das Stadtmuseum "Haus zum Stockfisch" eröffnet am 29. April 2026 die Sonderausstellung "Liebe - Leistung - Leidenschaft. Sportstadt Erfurt", die große Erfolge ebenso wie eine eindrucksvolle Breite differenziert veranschaulicht.'''




[[Datei:SportstadtPlakat1.jpg|310px|rechts]]Der Sport in seinen vielfältigen Formen von spielerischer, in Regeln gegossener Freude an Bewegung bis hin zum streng ritualisierten Wettbewerb ist eine der antiken Wurzeln, aus denen Europa seine kulturelle Identität schöpft. In den modernen Industriegesellschaften des ausgehenden 19. und 20. Jahrhunderts wird Sport zum Massenphänomen, Identitätsstifter und potenziellen Quell von Gesundheits- und Reformbewegungen, die politische Relevanz erhalten. Dabei ist sein Zentrum in den wachsenden Großstädten zu verorten.
[[Datei:SportstadtPlakat1.jpg|310px|rechts]]Der Sport mit seiner Freude an Bewegung und Wettkampf ist eine der antiken Wurzeln der europäischen Kultur. In den modernen Industriegesellschaften wurde er zum Massenphänomen, Lebensreformer und Identitätsstifter. Sport sorgt für Emotionen, entfacht Liebe, Leistung und Leidenschaft. In Großstädten wie Erfurt zieht er immer wieder tausende in seinen Bann. Dies lässt sich von den frühen Schützen und Turnern über das Leistungszentrum der Sport-Weltmacht DDR bis zu den jüngsten Erfolgen nachvollziehen. Die Sportstadt Erfurt brachte zahlreiche Spitzenathleten samt 29 Olympia-Medaillengewinnern und hunderte Sportvereine hervor. Städtebaulich schlägt sich dies in einigen weithin sichtbaren Sportstätten nieder. Aber auch in Erfurt wurde der Sport politisch instrumentalisiert und seine Spitzenerfolge zum Teil mit illegalen Dopingpraktiken erreicht.  


Das Stadtmuseum Erfurt macht es sich daher mit kompetenten Partnern zur Aufgabe, diesem traditionsreichen Massenphänomen der Moderne eine große Sonderausstellung zu widmen. Ausgehend von den ersten Sportvereinen im Bürger- und Arbeitermilieu wird eine Brücke geschlagen bis zu einem der Zentren der Sport-Weltmacht DDR und den Erfolgen auch nach 1990. Erfurts Schwimmer, Läufer, Radfahrer und Eisschnellläufer gelangten als „Botschafter im Trainingsanzug“ auf den sportlichen Olymp. Seit den 1950er-Jahren bildete der SC Turbine Erfurt ein Rückgrat des aufwändig geförderten Leistungssports. Aber auch nach 1990 gelangen große Erfolge. Verkörperung der Sportstadt von Weltformat sind die Spitzenathleten mit ihren Erfolgen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, allen voran Schwimmer Roland Matthes und Schwimmerin Birte Weigang, Geher Hartwig Gauder und 400-Meter-Läuferin Sabine Busch, Mittelstreckler Nils Schumann, Bahnradsportler Daniel Becke, René Wolff und Kristina Vogel und Eisschnellläuferin Gunda Niemann-Stirnemann.  
Eine Disziplin ragt trotz vergleichsweise bescheidener Erfolge durch ihre Popularität heraus: „König Fußball“. Das 60. Jubiläum der Gründung des FC Rot-Weiß Erfurt 1966 gab den Impuls für die in diesem Band dokumentierte Ausstellung. Die Geschichte des FC RWE mit Jahrhundertspieler Jürgen Heun reicht zurück bis zum Sport-Club Erfurt 1895 und der Turbine-Elf um Kapitän Helmut Nordhaus, die als DDR-Meister 1954 und 1955 große Triumphe feierte. Die Leichtathletik ist seit dem 19. Jahrhundert in Erfurt heimisch. In der DDR-Zeit bildete sie eines der Aushängeschilder des SC Turbine Erfurt mit zahlreichen Olympiasiegern und Weltmeistern. Bei Olympia 1976 gewannen siegten Sigrun Siegl im Fünfkampf und Johanna Schaller im 100-m-Hürdenlauf, 1980 Volker Beck im Hürdenlauf und Hartwig Gauder im Gehen. 2000 konnte Nils Schumann als Olympiasieger über 800 m an diese Erfolge anknüpfen.  


Der Erfurter Sport weist natürlich auch Traditionen auf, die vor 1945 zurückreichen. So gilt die Radrennbahn im Andreasried mit ihrer Einweihung 1899 als die älteste noch betriebene in Deutschland. Die dortigen Steherrennen genießen bis heute große Popularität. Zugleich ging der DDR-Leistungssport mit weniger medaillenträchtigen Disziplinen bisweilen rabiat um. So sahen sich die Eishockey-Cracks des SC Turbine 1970 mit der Entscheidung konfrontiert, dass die Oberliga bis auf die Mannschaften in Berlin und Weißwasser aufgelöst und das Erfurter Eisstadion in den Folgejahren abgerissen wurde. Nach 1990 knüpfte der ESC mit dem Team der Black Dragons an diese Tradition an und spielt seitdem in der ursprünglich für den Eiskunstlauf erbauten „Kartoffelhalle“.
Auch das Schwimmen gehört zu den Traditionssportarten. Erste Bäder gehen ins 19. Jahrhundert zurück, der erste Verein gründete sich 1905. Jutta Langenau holte 1954 als Europameisterin über 100 m Schmetterling den ersten internationalen Titel für die DDR. Fortan riss die Kette erfolgreicher Schwimmer des SC Turbine um die Olympiasieger Roland Matthes, Birte Weigang und Cornelia Sirch nicht mehr ab. Der Radsport übertraf als eine der populärsten Disziplinen lange sogar den Fußball, etwa mit den Steherrennen im Andreasried. Erfurt hat hierbei mit mitgliederstarken Vereinen seit den 1880er-Jahren Pionierarbeit geleistet. Große Namen sind Bahnrad-Weltmeister Detlef Macha, die Olympiasieger auf der Straße 1988 Mario Kummer und Maik Landsmann sowie nach 1990 die Bahnrad-Olympiasieger Rene Wolff, Daniel Becke und Kristina Vogel. Erfurt ist sogar eine Wintersport-Hochburg. Aus dem seit Jahrhunderten betriebenen Eislaufen entstand eine moderne Sportart. Die Eisschnellläuferinnen des ESC Erfurt um die Olympiasieger Gunda Niemann-Stirnemann, Sabine Völker, Daniela Anschütz-Thoms und Stephanie Beckert erlebten von den 1990er- bis 2010er-Jahren ein „Goldenes Zeitalter“. Talente wie Jugend-Olympiasieger Finn Sonnekalb machen Hoffnung für die Zukunft.  


Die Sonderausstellung wird das in der DDR staatlich verordnete und auch in Erfurt beim SC Turbine und FC Rot-Weiß praktizierte Doping benennen und exemplarisch beleuchten. Trotz dieser Schattenseiten des DDR-Leistungssports schwingt in der Erinnerung bei vielen Erfurtern jedoch vor allem Stolz mit. Einige Sportler sorgten zudem auch nach 1990 für herausragende Ergebnisse. Dies wiederum war eine Voraussetzung für die Modernisierung der Infrastruktur, wie den Bau der Leichtathletikhalle 1994 und der Eislaufhalle 2001 und der Rekonstruktion der Radrennbahn 2008. Mit dem Umbau des 1927-31 durch die Stadt Erfurt errichteten Steigerwaldstadions zur Multifunktionsarena erhielt das Leistungssportzentrum 2016 sein modernes Herzstück. Einige dieser Sportstätten tragen die Namen verdienter Athleten, wie die Roland-Matthes-Schwimmhalle, die Gunda-Niemann-Stirnemann-Eislaufhalle und Hartwig-Gauder-Leichtathletikhalle.
Die Sportstadt Erfurt wird freilich nicht nur durch die oft im Fokus stehenden Disziplinen geprägt. In vielen anderen Mannschafts- und Individualsportarten hat Erfurt echte Sportlegenden und brachte Olympiasieger, Welt- und Europameister hervor. Neben der Leistungsspitze wird die Sportstadt aber auch durch eine eindrucksvolle Breite in annähernd 280 Vereinen mit ca. 39.000 Mitgliedern sowie ein vielfältiges Freizeit- und Inklusionsangebot geprägt. Diese wichtige gesellschaftliche Rolle, die der Sport auch in Erfurt besitzt, füllt er durch ein breites ehrenamtliches Engagement aus. Er ist im besten Sinn identitätsstiftend, integrierend und damit auch in der Landeshauptstadt Thüringens unverzichtbar.  
Auch der Erfurter Fußball blickt auf eine lange Tradition zurück. Die Vorläufer des FC Rot-Weiß Erfurt datieren bis zum 1895 gegründete Erfurter Kricket Club. Bereits 1896 in Sportclub Erfurt 1895 umbenannt, entwickelte sich dieser zu einem der erfolgreichsten Fußballclubs der Region und war im Januar 1900 einer der Mitbegründer des DFB. Ein tiefer Einschnitt war die Auflösung aller Sportvereine in der Sowjetischen Besatzungszone 1945. Die Tradition des SCE ging über mehrere Zwischenschritte 1951 auf die BSG Turbine Erfurt über, die sich im nationalen Spitzenfeld etablierte und in diesem Jahr Vizemeister wurde. 1954 gewann Turbine sogar die Meisterschaft in der DDR-Oberliga. Die Spielernamen haben noch immer einen guten Klang: Helmut Nordhaus, Siegfried Vollrath, Eduard „Eddi“ Francke, Georg Rosbigalle, Jochen Müller oder Lothar Weise. Ein Jahr später gelang dem jetzigen SC Turbine noch einmal die Titelverteidigung. Im Georgij-Dimitroff-Stadion, dem heutigen Steigerwaldstadion, verfolgten bis zu 50.000 Zuschauer die Spiele der blauweißen Turbine-Kicker.
 
('''[[Steffen Rassloff|Steffen Raßloff]]''' / Michael Kummer / Hardy Eidam)


An diese großen Erfolge konnte man später nicht mehr anknüpfen. Am 26. Januar 1966 wurde als Folge eines Beschlusses der DDR-Sportführung aus Turbine der FC Rot-Weiß Erfurt. Trotz der privilegierten Einstufung als Fußballclub blieb man im Schatten der besonders geförderten Clubs in Berlin, Dresden, Jena, Magdeburg und Leipzig. Auch die mit Offensivfußball begeisternde Mannschaft der 1980er-Jahre um das Sturmtrio Jürgen Heun, Martin Busse und Armin Romstedt und zeitweise unter Trainerlegende Hans Meyer, die immerhin noch bis zu 30.000 Zuschauer ins Stadion lockte, verfehlte stets ihr Ziel Europapokalteilnahme. Immerhin erreichte man nach 1950 noch einmal das FDGB-Pokalfinale, das jedoch am 17. Mai 1980 gegen den Thüringer Hauptrivalen FC Carl Zeiss Jena mit 1:3 nach Verlängerung verloren ging.


Nach 1990 ging es für RWE wie für viele Traditionsclubs im Osten bergab. Zwar konnte man sich 1991 für die 2. Bundesliga qualifizieren, stieg aber sofort wieder ab. Der 13. August 1991 bildet einen der Tiefpunkte. Der spätere Erfolgstrainer Jürgen Klopp erzielte beim 5:0 des 1. FSV Mainz 05 in Erfurt vier Tore. So konnte man sich auch nicht wirklich über die erste und bisher einzige Teilnahme am UEFA-Pokal 1991 freuen (1:0/1:0 gegen FC Groningen, 1:2/0:3 gegen Ajax Amsterdam). Dem erneuten Aufstieg von Rot-Weiß in die 2. Bundesliga durch die Elf um „Fußballgott“ Ronny Hebestreit 2004 folgte wiederum umgehend der Abstieg. Nach vielem auf und ab bis hinunter in die fünftklassige Oberliga in Folge einer Insolvenz spielt RWE heute in der Regionalliga. Das aktuelle Fassungsvermögen des Stadions von 18.500 Zuschauern wird zwar nur selten ausgenutzt, die Zuschauerzahlen sind dennoch beeindruckend und mit die höchsten im viertklassigen Fußball.
Lesetipps:
Die Ausstellung folgt dieser Entwicklung aus Anlass des 60. Gründungsjubiläums des FC Rot-Weiß Erfurt, wobei über „König Fußball“ hinaus die gesamte Erfurter Sportgeschichte inklusive der Sportarten Radsport, Schwimmen, Leichtathletik und Eisschnelllauf in den Blick genommen wird. Hierzu dienen größtenteils erstmalig öffentlich gezeigte Exponate des 19. bis 21. Jahrhunderts, die mittlerweile zu Ikonen geworden sind. Multimedial werden die großen Momente und die damit verbundenen Persönlichkeiten der Erfurter Sportgeschichte den Besuchern vor Augen geführt. Ein umfangreiches Vortrags- und Begleitprogramm mit „Lebenden Legenden“ vervollständigt den Blick auf ein bisher stiefmütterlich behandeltes, aber so zentrales Kapitel der Stadtgeschichte.
 
('''[[Steffen Rassloff|Steffen Raßloff]]''' / Michael Kummer / Hardy Eidam)


'''Steffen Raßloff''' (Red.): '''Liebe - Leistung - Leidenschaft. Sportstadt Erfurt''' (Katalog Stadtmuseum Erfurt). Erfurt 2026. ''(erscheint 29. April 2026)''


Lesetipp:
'''Walter Kehr: Sport in Erfurt von Stadtklasse bis Olympiasieg'''. Erfurt 2007.


'''Steffen Raßloff: [[Sportstadt Erfurt Rassloff Highlights Geschichte|Von Olympiasiegern und Weltmeistern. Die Sportstadt Erfurt]].''' In: '''Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte'''. Erfurt 2021 (2. Auflage 2025). S. 104 f.
'''Steffen Raßloff: [[Sportstadt Erfurt Rassloff Highlights Geschichte|Von Olympiasiegern und Weltmeistern. Die Sportstadt Erfurt]]'''. In: '''Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte'''. Erfurt 2021 (2. Auflage 2025). S. 104 f.




Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[FC_Rot_Weiss_Erfurt|FC Rot-Weiß Erfurt]]''', '''[[Steigerwaldstadion Erfurt|Steigerwaldstadion]]''', '''[[Radrennbahn Andreasried]]''', '''[[Sprungschanze Rhoda]]''', '''[[Baeder und Badeanstalten|Schwimmbäder]]''', '''[[Erfurter Hütte|Erfurter Hütte des Alpenvereins]]'''
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[FC_Rot_Weiss_Erfurt|FC Rot-Weiß Erfurt]]''', '''[[Steigerwaldstadion Erfurt|Steigerwaldstadion]]''', '''[[Radrennbahn Andreasried]]''', '''[[Sprungschanze Rhoda]]''', '''[[Baeder und Badeanstalten|Schwimmbäder]]''', '''[[Erfurter Hütte|Erfurter Hütte des Alpenvereins]]'''

Aktuelle Version vom 22. Dezember 2025, 12:38 Uhr

Sportstadt Erfurt

Das Stadtmuseum "Haus zum Stockfisch" eröffnet am 29. April 2026 die Sonderausstellung "Liebe - Leistung - Leidenschaft. Sportstadt Erfurt", die große Erfolge ebenso wie eine eindrucksvolle Breite differenziert veranschaulicht.


SportstadtPlakat1.jpg

Der Sport mit seiner Freude an Bewegung und Wettkampf ist eine der antiken Wurzeln der europäischen Kultur. In den modernen Industriegesellschaften wurde er zum Massenphänomen, Lebensreformer und Identitätsstifter. Sport sorgt für Emotionen, entfacht Liebe, Leistung und Leidenschaft. In Großstädten wie Erfurt zieht er immer wieder tausende in seinen Bann. Dies lässt sich von den frühen Schützen und Turnern über das Leistungszentrum der Sport-Weltmacht DDR bis zu den jüngsten Erfolgen nachvollziehen. Die Sportstadt Erfurt brachte zahlreiche Spitzenathleten samt 29 Olympia-Medaillengewinnern und hunderte Sportvereine hervor. Städtebaulich schlägt sich dies in einigen weithin sichtbaren Sportstätten nieder. Aber auch in Erfurt wurde der Sport politisch instrumentalisiert und seine Spitzenerfolge zum Teil mit illegalen Dopingpraktiken erreicht.

Eine Disziplin ragt trotz vergleichsweise bescheidener Erfolge durch ihre Popularität heraus: „König Fußball“. Das 60. Jubiläum der Gründung des FC Rot-Weiß Erfurt 1966 gab den Impuls für die in diesem Band dokumentierte Ausstellung. Die Geschichte des FC RWE mit Jahrhundertspieler Jürgen Heun reicht zurück bis zum Sport-Club Erfurt 1895 und der Turbine-Elf um Kapitän Helmut Nordhaus, die als DDR-Meister 1954 und 1955 große Triumphe feierte. Die Leichtathletik ist seit dem 19. Jahrhundert in Erfurt heimisch. In der DDR-Zeit bildete sie eines der Aushängeschilder des SC Turbine Erfurt mit zahlreichen Olympiasiegern und Weltmeistern. Bei Olympia 1976 gewannen siegten Sigrun Siegl im Fünfkampf und Johanna Schaller im 100-m-Hürdenlauf, 1980 Volker Beck im Hürdenlauf und Hartwig Gauder im Gehen. 2000 konnte Nils Schumann als Olympiasieger über 800 m an diese Erfolge anknüpfen.

Auch das Schwimmen gehört zu den Traditionssportarten. Erste Bäder gehen ins 19. Jahrhundert zurück, der erste Verein gründete sich 1905. Jutta Langenau holte 1954 als Europameisterin über 100 m Schmetterling den ersten internationalen Titel für die DDR. Fortan riss die Kette erfolgreicher Schwimmer des SC Turbine um die Olympiasieger Roland Matthes, Birte Weigang und Cornelia Sirch nicht mehr ab. Der Radsport übertraf als eine der populärsten Disziplinen lange sogar den Fußball, etwa mit den Steherrennen im Andreasried. Erfurt hat hierbei mit mitgliederstarken Vereinen seit den 1880er-Jahren Pionierarbeit geleistet. Große Namen sind Bahnrad-Weltmeister Detlef Macha, die Olympiasieger auf der Straße 1988 Mario Kummer und Maik Landsmann sowie nach 1990 die Bahnrad-Olympiasieger Rene Wolff, Daniel Becke und Kristina Vogel. Erfurt ist sogar eine Wintersport-Hochburg. Aus dem seit Jahrhunderten betriebenen Eislaufen entstand eine moderne Sportart. Die Eisschnellläuferinnen des ESC Erfurt um die Olympiasieger Gunda Niemann-Stirnemann, Sabine Völker, Daniela Anschütz-Thoms und Stephanie Beckert erlebten von den 1990er- bis 2010er-Jahren ein „Goldenes Zeitalter“. Talente wie Jugend-Olympiasieger Finn Sonnekalb machen Hoffnung für die Zukunft.

Die Sportstadt Erfurt wird freilich nicht nur durch die oft im Fokus stehenden Disziplinen geprägt. In vielen anderen Mannschafts- und Individualsportarten hat Erfurt echte Sportlegenden und brachte Olympiasieger, Welt- und Europameister hervor. Neben der Leistungsspitze wird die Sportstadt aber auch durch eine eindrucksvolle Breite in annähernd 280 Vereinen mit ca. 39.000 Mitgliedern sowie ein vielfältiges Freizeit- und Inklusionsangebot geprägt. Diese wichtige gesellschaftliche Rolle, die der Sport auch in Erfurt besitzt, füllt er durch ein breites ehrenamtliches Engagement aus. Er ist im besten Sinn identitätsstiftend, integrierend und damit auch in der Landeshauptstadt Thüringens unverzichtbar.

(Steffen Raßloff / Michael Kummer / Hardy Eidam)


Lesetipps:

Steffen Raßloff (Red.): Liebe - Leistung - Leidenschaft. Sportstadt Erfurt (Katalog Stadtmuseum Erfurt). Erfurt 2026. (erscheint 29. April 2026)

Walter Kehr: Sport in Erfurt von Stadtklasse bis Olympiasieg. Erfurt 2007.

Steffen Raßloff: Von Olympiasiegern und Weltmeistern. Die Sportstadt Erfurt. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021 (2. Auflage 2025). S. 104 f.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, FC Rot-Weiß Erfurt, Steigerwaldstadion, Radrennbahn Andreasried, Sprungschanze Rhoda, Schwimmbäder, Erfurter Hütte des Alpenvereins