Serie Denkmale in Erfurt III: Unterschied zwischen den Versionen

Aus erfurt-web.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Die Seite wurde neu angelegt: „= Denkmale in Erfurt III = '''Ausgewählte Beiträge aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr…“)
 
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 11: Zeile 11:


Denkmale würdigen aber nicht nur historische Personen und Ereignisse. Sie spiegeln auch Selbstverständnis und Kunstgeschmack ihrer Entstehungszeit. Der spätere Umgang mit ihnen verweist auf politische Wandlungsprozesse. Oft entzündeten sich um sie heftige Kontroversen, wie zuletzt um die Leuchtschrift auf dem Erfurter Hof. Unsere Denkmale sind damit Zeugen der Geschichte und Gegenwart. Sie zum sprechen zu bringen, hat sich die TA-Serie zum Ziel gesetzt.
Denkmale würdigen aber nicht nur historische Personen und Ereignisse. Sie spiegeln auch Selbstverständnis und Kunstgeschmack ihrer Entstehungszeit. Der spätere Umgang mit ihnen verweist auf politische Wandlungsprozesse. Oft entzündeten sich um sie heftige Kontroversen, wie zuletzt um die Leuchtschrift auf dem Erfurter Hof. Unsere Denkmale sind damit Zeugen der Geschichte und Gegenwart. Sie zum sprechen zu bringen, hat sich die TA-Serie zum Ziel gesetzt.
'''Sinnlose Opfer'''
DENKMALE IN ERFURT (21): Noch unmittelbar vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Erfurt kamen rund 50 deutsche Soldaten bei Kämpfen und einer Erschießung in Gispersleben zu Tode.
Der Zweite Weltkrieg forderte als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte je nach Schätzung zwischen 50 und 70 Millionen Opfer. Spielte sich das Geschehen aus Sicht der Erfurter nach Kriegsbeginn im September 1939 zunächst weit weg in Europa und Übersee ab, sollte doch in Form der gefallenen Soldaten rasch der blutige Ernst auch an der Gera deutlich werden. Mit den 1944 schlagartig hereinbrechenden Luftangriffen hatte der Krieg endgültig die Stadt erfasst. Rund 1600 Erfurter verloren durch Bombenabwürfe und Kampfhandlungen ihr Leben, 23.000 waren obdachlos. Die ca. 1100 t Bombenlast aus britischen und amerikanischen Flugzeugen hatten zudem enorme Zerstörungen im Stadtbild angerichtet. Wichtige Kulturdenkmale, wie große Teile des Augustinerklosters, das Collegium maius der Alten Universität oder die Barfüßerkirche lagen in Schutt und Asche.
Der April 1945 brachte schließlich das Ende mit Schrecken. Die von Westen vorrückenden US-Truppen unter General Patton hatten das zum festungsartigen „Ortsstütztpunkt“ erklärte Erfurt zunächst umgangen und weitgehend eingeschlossen. Am 11. und 12. April kam es zu opferreichen Gefechten, da sich Kampfkommandant Oberst Otto Merkel entsprechend einem Führerbefehl weigerte, zu kapitulieren. Dass in jenen letzten Kriegstagen in Erfurt nicht noch größerer Schaden angerichtet wurde, lag nur an den schwachen Verteidigungskräften von Wehrmacht und Volkssturm, die die US-Truppen vor keine größeren Probleme stellten. Dennoch mussten noch einmal dutzende Menschen ihr Leben für die völlig aussichtslose Verteidigung der Stadt lassen. Erhebliche Zerstörungen, darunter das Büromaschinenwerk im Brühl und die Gebäude am heutigen Angereck, kamen hinzu.
Helmut Wolf hat 2005 in seinem Buch „Erfurt im Luftkrieg“ in der Schriftenreihe des Geschichtsvereins das Kriegsende mit großer Quellenkenntnis und dank eigener Erlebnisse beschrieben. Er weist dort auch auf die tragischen Vorkommnisse in Gispersleben unmittelbar vor Ende der Kampfhandlungen hin. Hieran erinnert im 2009 neugestalteten Kiliani-Park nunmehr eine Gedenktafel. Sie liegt über einem Soldatengrab mit Angehörigen der Wehrmacht, des Volkssturms und der Waffen-SS, die am 11. April 1945 im Ortsbereich gefallen bzw. von US-Truppen nach ihrer Gefangennahme erschossen worden sind. „Die näheren Umstände dieses Massakers lassen sich aufgrund der spärlichen Dokumentenlage heute nicht mehr ermitteln“, so Wolf. Die Gedenktafel ehrt so schlicht die Toten, die wie viele andere als sinnlose Opfer eines längst verlorenen Krieges starben.

Version vom 26. November 2011, 15:58 Uhr

Denkmale in Erfurt III

Ausgewählte Beiträge aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (veröffentl. 2011)


Erfurter Denkmale

Lutherdenkmalklein.jpg

Erfurt besitzt eine vielgestaltige Denkmallandschaft. Vom Standbild à la Luther über diverse Denkmalbrunnen bis hin zum wuchtigen Bismarckturm reicht das Spektrum. Hinzu kommen moderne Installationen wie das Deserteurs-Denkmal sowie viele kleinere Büsten, Schrifttafeln und Gedenksteine.


Denkmale würdigen aber nicht nur historische Personen und Ereignisse. Sie spiegeln auch Selbstverständnis und Kunstgeschmack ihrer Entstehungszeit. Der spätere Umgang mit ihnen verweist auf politische Wandlungsprozesse. Oft entzündeten sich um sie heftige Kontroversen, wie zuletzt um die Leuchtschrift auf dem Erfurter Hof. Unsere Denkmale sind damit Zeugen der Geschichte und Gegenwart. Sie zum sprechen zu bringen, hat sich die TA-Serie zum Ziel gesetzt.


Sinnlose Opfer

DENKMALE IN ERFURT (21): Noch unmittelbar vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Erfurt kamen rund 50 deutsche Soldaten bei Kämpfen und einer Erschießung in Gispersleben zu Tode.

Der Zweite Weltkrieg forderte als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte je nach Schätzung zwischen 50 und 70 Millionen Opfer. Spielte sich das Geschehen aus Sicht der Erfurter nach Kriegsbeginn im September 1939 zunächst weit weg in Europa und Übersee ab, sollte doch in Form der gefallenen Soldaten rasch der blutige Ernst auch an der Gera deutlich werden. Mit den 1944 schlagartig hereinbrechenden Luftangriffen hatte der Krieg endgültig die Stadt erfasst. Rund 1600 Erfurter verloren durch Bombenabwürfe und Kampfhandlungen ihr Leben, 23.000 waren obdachlos. Die ca. 1100 t Bombenlast aus britischen und amerikanischen Flugzeugen hatten zudem enorme Zerstörungen im Stadtbild angerichtet. Wichtige Kulturdenkmale, wie große Teile des Augustinerklosters, das Collegium maius der Alten Universität oder die Barfüßerkirche lagen in Schutt und Asche.

Der April 1945 brachte schließlich das Ende mit Schrecken. Die von Westen vorrückenden US-Truppen unter General Patton hatten das zum festungsartigen „Ortsstütztpunkt“ erklärte Erfurt zunächst umgangen und weitgehend eingeschlossen. Am 11. und 12. April kam es zu opferreichen Gefechten, da sich Kampfkommandant Oberst Otto Merkel entsprechend einem Führerbefehl weigerte, zu kapitulieren. Dass in jenen letzten Kriegstagen in Erfurt nicht noch größerer Schaden angerichtet wurde, lag nur an den schwachen Verteidigungskräften von Wehrmacht und Volkssturm, die die US-Truppen vor keine größeren Probleme stellten. Dennoch mussten noch einmal dutzende Menschen ihr Leben für die völlig aussichtslose Verteidigung der Stadt lassen. Erhebliche Zerstörungen, darunter das Büromaschinenwerk im Brühl und die Gebäude am heutigen Angereck, kamen hinzu.

Helmut Wolf hat 2005 in seinem Buch „Erfurt im Luftkrieg“ in der Schriftenreihe des Geschichtsvereins das Kriegsende mit großer Quellenkenntnis und dank eigener Erlebnisse beschrieben. Er weist dort auch auf die tragischen Vorkommnisse in Gispersleben unmittelbar vor Ende der Kampfhandlungen hin. Hieran erinnert im 2009 neugestalteten Kiliani-Park nunmehr eine Gedenktafel. Sie liegt über einem Soldatengrab mit Angehörigen der Wehrmacht, des Volkssturms und der Waffen-SS, die am 11. April 1945 im Ortsbereich gefallen bzw. von US-Truppen nach ihrer Gefangennahme erschossen worden sind. „Die näheren Umstände dieses Massakers lassen sich aufgrund der spärlichen Dokumentenlage heute nicht mehr ermitteln“, so Wolf. Die Gedenktafel ehrt so schlicht die Toten, die wie viele andere als sinnlose Opfer eines längst verlorenen Krieges starben.