Denknadeln Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Steffen Raßloff: [[100 Denkmale in Erfurt|100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten]].''' Mit Fotogafien von Sascha Fromm (Thüringen Bibliothek. Bd. 11). Essen 2013.
'''Steffen Raßloff: [[100 Denkmale in Erfurt|100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten]].''' Mit Fotografien von Sascha Fromm (Thüringen Bibliothek. Bd. 11). Essen 2013.




Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Jüdisches_Leben_Erfurt|Jüdisches Erbe]]'''
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Version vom 22. August 2013, 14:29 Uhr

Denknadeln für Holocaust-Opfer

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (05.05.2012)


Stiche in die Erinnerung

DENKMALE IN ERFURT (44): „DenkNadeln“ markieren die letzten Wohnorte vertriebener und ermordeter jüdischer Mitbürger in Erfurt.


Denknadeln.jpg

In vielen deutschen und europäischen Städten erinnern sogenannte Stolpersteine im Straßenpflaster an die Verbrechen der NS-Zeit. Die Idee geht auf den Kölner Künstler Gunter Demnig zurück. Mit diesen kleinen ebenerdigen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Selbstmord getrieben wurden. Die Pflastersteine mit einer Messingplatte werden in der Regel vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer verlegt. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“ – das ist das Grundanliegen von Gunter Demnig und den vielen Stiftern seiner Stolpersteine.

In Erfurt ist man ganz bewusst einen anderen erinnerungskulturellen Weg gegangen. Die Initiative „Erfurter GeDenken 1933-45“ hat 2007 einen Wettbewerb angeregt, aus dem die „DenkNadeln“ von Sophie Hollmann als Sieger hervor gegangen sind. Laut der Kunstpublizistin Prof. Stefanie Endlich habe besonders die von den weit verbreiteten Stolpersteinen abweichende Symbolik überzeugt: „Man sticht in eine Wunde. Da gibt es ganz viele Assoziationen.“ Am Schaft der Nadeln werden Informationstafeln angebracht, auf denen Namen, Lebensdaten und Schicksal der jüdischen Mitbürger vermerkt sind. Zu ihnen zählt u.a. der damals Vierjährige Günther Beer, der am 9. Mai 1942 als jüngstes Erfurter NS-Opfer ins Ghetto Belzyce in Polen deportiert wurde. Er hatte mit Mutter und Großeltern im zweiten Stockwerk des Hauses Domplatz 23 gelebt. Diese erste flächendeckende Massendeportation von Juden aus dem Raum Thüringen und Sachsen betraf 101 Menschen aus Erfurt. Von ihnen überlebte kein einziger.

Das Andenken an diese Opfer wach zu halten, ist ein wichtiges Anliegen. Es sei aber nicht verschwiegen, dass die Form der Nadeln bei manchem Betrachter auch Assoziationen weckt, die nicht sehr förderlich sind. Immer wieder hört man, das sehe aber aus wie eine große Eistüte. Am Domplatz war der Autor selbst Zeuge einer solchen peinlichen Verwechslung. Die Denknadel für Günther Beer steht dort direkt vor einem Cafe. Vor der Aufstellung der ersten Denknadeln ist auf diese Gefahr von Jury-Mitgliedern hingewiesen worden. Kritik kam auch von historisch kompetenter Seite, etwa durch zahlreiche Mitglieder des Geschichtsvereins. Die Künstlerin Sophie Hollmann war aber nicht bereit, die Form in Richtung einer wirklichen Nadel zu verändern. Sicher muss ein Denkmal nicht fotogenau die Realität abbilden, aber falsche Vorstellungen sollte es gerade bei einem solch sensiblen Thema auch nicht hervorrufen. Sonst versetzt es Stiche, die so nicht gewollt waren. (Foto: Dr. Steffen Raßloff)


Literaturtipp:

Steffen Raßloff: 100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten. Mit Fotografien von Sascha Fromm (Thüringen Bibliothek. Bd. 11). Essen 2013.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Erfurt im Nationalsozialismus, Jüdisches Erbe