Martin Luther: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Erfurt ist die Stadt des jungen Luthers, des Studenten, Magisters und Mönches, in der der spätere Reformator seine geistige Prägung erfuhr. Das Augustinerkloster kann 2017 auf die UNESCO-Welterbeliste gelangen.'''
'''Erfurt ist die Stadt des jungen Luthers, des Studenten, Magisters und Mönches, in der der spätere Reformator seine geistige Prägung erfuhr.'''




[[Datei:LutherWandbild.jpg|240px|right]][[Datei:Lutherpforte.jpg|240px|right]][[Datei:Lutherdenkmal.jpg|240px|right]]Martin Luther (1483-1546) durchlebte in '''[[Geschichte der Stadt Erfurt|Erfurt]]''' die entscheidende geistige Prägephase als Student, Magister und junger Mönch von 1501 bis 1511. Nach nach dem Wunsch des Vaters sollte er an der '''[[Universität Erfurt]]''' das Rüstzeug für eine glanzvolle Karriere erwerben. Der junge Mann war beeindruckt vom regen geistigen Leben der pulsierenden Metropole, mit fast 20.000 Einwohnern eine der größten Städte des Reiches. Neben Erfurt nähmen sich alle übrigen Universitäten wie "kleine (ABC-)Schützenschulen" aus, so Luther.  
[[Datei:LutherWandbild.jpg|200px|right]][[Datei:Lutherpforte.jpg|200px|right]][[Datei:Lutherdenkmal.jpg|200px|right]]Martin Luther (1483-1546) durchlebte in '''[[Geschichte der Stadt Erfurt|Erfurt]]''' die entscheidende geistige Prägephase als Student, Magister und junger Mönch von 1501 bis 1511. Nach nach dem Wunsch des Vaters sollte er an der '''[[Universität Erfurt]]''' das Rüstzeug für eine glanzvolle Karriere erwerben. Der junge Mann war beeindruckt vom regen geistigen Leben der pulsierenden Metropole, mit fast 20.000 Einwohnern eine der größten Städte des Reiches. Neben Erfurt nähmen sich alle übrigen Universitäten wie "kleine (ABC-)Schützenschulen" aus, so Luther.  


Beim Eintrag in die Matrikel '''1501''', immerhin das erste urkundlich verbürgte Datum seiner Biographie, wehte "Martinus Ludher ex Mansfeldt" im '''[[Collegium maius Erfurt|Collegium maius]]''' bereits der Geist von gut hundert Jahren Geschichte an. Die Hierana (= Universität an der Gera) galt zu jener Zeit als eine der angesehensten Hochschulen Mitteleuropas und hatte 1379 als erste im heutigen Deutschland ein Gründungsprivileg erhalten. Luthers "Studentenwohnheim", die '''[[Georgenburse Erfurt|Georgenburse]]''', sowie die meisten Bursen, Kollegien, die Universitätskirche (Michaeliskirche) und zahlreiche Druckereien befanden sich im "lateinischen Viertel". Das Studium begann mit der Philosophischen Fakultät, ehe man eine der drei höheren Fakultäten (Recht, Medizin, Theologie) besuchen konnte. Luther schloss jenes Grundstudium der sieben Freien Künste 1505 erfolgreich als Magister ab. Später bekannte er: "Die Erfurter Universität ist meine Mutter, der ich alles verdanke."
Beim Eintrag in die Matrikel '''1501''', immerhin das erste urkundlich verbürgte Datum seiner Biographie, wehte "Martinus Ludher ex Mansfeldt" im '''[[Collegium maius Erfurt|Collegium maius]]''' bereits der Geist von gut hundert Jahren Geschichte an. Die Hierana (= Universität an der Gera) galt zu jener Zeit als eine der angesehensten Hochschulen Mitteleuropas und hatte 1379 als erste im heutigen Deutschland ein Gründungsprivileg erhalten. Luthers "Studentenwohnheim", die '''[[Georgenburse Erfurt|Georgenburse]]''', sowie die meisten Bursen, Kollegien, die Universitätskirche (Michaeliskirche) und zahlreiche Druckereien befanden sich im "lateinischen Viertel". Das Studium begann mit der Philosophischen Fakultät, ehe man eine der drei höheren Fakultäten (Recht, Medizin, Theologie) besuchen konnte. Luther schloss jenes Grundstudium der sieben Freien Künste 1505 erfolgreich als Magister ab. Später bekannte er: "Die Erfurter Universität ist meine Mutter, der ich alles verdanke."


Das anschließende Jurastudium brach Luther nach seinem sagenumwobenen "Gewittererlebnis" jedoch ab. Auf dem Heimweg von den Eltern in Mansfeld ereilte ihn am 2. Juli '''1505''' nahe dem heutigen Erfurter Vorort Stotternheim ein Unwetter, wobei er in größter Not geschworen haben soll: "Hilf du, Heilige Anna, ich will ein Mönch werden!" Dies ist als entscheidender biographischer Wendepunkt, als "Werdepunkt der Reformation" eingestuft worden, wie es auf dem '''[[Lutherstein Stotternheim|Gedenkstein]]''' von 1917 heißt. Heute geht man von einem längeren Prozess und einem Bündel verschiedener Motive aus, die zu jener Entscheidung gegen den Willen von Eltern und Freunden geführt haben. Am 17. Juli 1505 trat Luther durch die legendäre '''[[Lutherpforte_Augustinerkloster_Erfurt|Lutherpforte]]''' (Foto: Dr. Steffen Raßloff) in das Erfurter '''[[Augustinerkloster Erfurt|Augustinerkloster]]''' ein. Bis 1511 sollte er sich hier der strengsten "Möncherei" unterwerfen und mit der Frage kämpfen, wie er zu einem gnädigen Gott kommen könne. '''1507''' erfolgte die Priesterweihe im '''[[Dom Erfurt|Dom St. Marien]]''' durch Weihbischof '''[[Johannes Bonemilch von Laasphe Dreifaltigkeitkapelle|Johannes Bonemilch von Laasphe]]''', zugleich nahm Luther das Theologiestudium auf, das er 1512 in Wittenberg mit der Doktor-Promotion abschloss. '''1510/11''' führte eine Ordensangelegenheit den Erfurter Augustinermönch zum einzigen Mal an den Sitz des Papstes nach Rom. Aber auch der Reformator ließ von Wittenberg aus die Kontakte nicht abreißen, griff mehrfach - etwa mit seinen spekatkulären '''[[Luther Erfurt Predigten|Predigten]]''' - in das Geschehen in Erfurt ein. Mit '''[[Johannes Lang]]''', dem "Reformator Erfurts", besaß er hier einen der ältesten und wichtigsten Mitstreiter, dessen lange verschollener '''[[Johannes Lang Grabstein|Grabstein]]''' 2014 wiederentdeckt wurde. Seinen prominenten Lehrer Jodocus Trutfetter konnte Luther 1518 in einem Gespräch im '''[[Collegium_marianum_Jodocus_Trutfetter|Collegium marianum]]''' allerdings nicht vom reformatorischen Gedankengut überzeugen.
Das anschließende Jurastudium brach Luther nach seinem sagenumwobenen "Gewittererlebnis" jedoch ab. Auf dem Heimweg von den Eltern in Mansfeld ereilte ihn am 2. Juli '''1505''' nahe dem heutigen Erfurter Vorort Stotternheim ein Unwetter, wobei er in größter Not geschworen haben soll: "Hilf du, Heilige Anna, ich will ein Mönch werden!" Dies ist als entscheidender biographischer Wendepunkt, als "Werdepunkt der Reformation" eingestuft worden, wie es auf dem '''[[Lutherstein Stotternheim|Gedenkstein]]''' von 1917 heißt. Heute geht man von einem längeren Prozess und einem Bündel verschiedener Motive aus, die zu jener Entscheidung gegen den Willen von Eltern und Freunden geführt haben. Am 17. Juli 1505 trat Luther durch die legendäre '''[[Lutherpforte_Augustinerkloster_Erfurt|Lutherpforte]]''' (Foto: Dr. Steffen Raßloff) in das Erfurter '''[[Augustinerkloster Erfurt|Augustinerkloster]]''' ein. Bis 1511 sollte er sich hier der strengsten "Möncherei" unterwerfen und mit der Frage kämpfen, wie er zu einem gnädigen Gott kommen könne. '''1507''' erfolgte die Priesterweihe im '''[[Dom Erfurt|Dom St. Marien]]''' durch Weihbischof '''[[Johannes Bonemilch von Laasphe Dreifaltigkeitkapelle|Johannes Bonemilch von Laasphe]]''', zugleich nahm Luther das Theologiestudium auf, das er 1512 in Wittenberg mit der Doktor-Promotion abschloss. '''1510/11''' führte eine Ordensangelegenheit den Erfurter Augustinermönch zum einzigen Mal an den Sitz des Papstes nach Rom.  


Erfurt darf also neben Wittenberg und der Wartburg als wichtigster Lutherort gelten, in dessen historischer Altstadt sich noch viele Spuren des "werdenden Reformators" finden. Hier stehen das Hauptgebäude seiner Universität, heute Verwaltungssitz der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, die '''[[Georgenburse Erfurt|Georgenburse]]''' mit Gedenkstätte und Pilgerherberge sowie das '''[[Augustinerkloster Erfurt|Augustinerkloster]]''', eine renommierte Tagungs- und Begegnungsstätte mit Ausstellung samt Lutherzelle und historischer Bibliothek. Zu diesen herausragenden Erinnerungsorten kommen weitere hinzu, wie '''[[Engelsburg Erfurt|Engelsburg]]''', Dom, Kaufmannskirche, '''[[Michaeliskirche]]''', '''[[Barfuesserkirche_Erfurt_Totentanz|Barfüßerkirche]]''' oder Gasthaus '''[[Hohe Lilie|Zur Hohen Lilie]]'''. Im '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''' wird die authentische Geschichtslandschaft museal gebündelt und Luthers Erfurter Zeit in den Kontext der spätmittelalterlichen Handels- und Kulturmetropole gestellt. Hier finden sich zudem zahlreiche biographische Zeugnisse von Luthers Eintrag in die Universitätsmatrikel 1501, dem ersten schriftlich verbrieften Datum überhaupt, bis hin zu seinem '''[[Schreibkasten_Martin_Luther|Schreibkasten]]'''.
Aber auch der Reformator ließ von Wittenberg aus die Kontakte nicht abreißen, griff mehrfach - etwa mit seinen spekatkulären '''[[Luther Erfurt Predigten|Predigten]]''' - in das Geschehen in Erfurt ein. Mit '''[[Johannes Lang]]''', dem "Reformator Erfurts", besaß er hier einen der ältesten und wichtigsten Mitstreiter, dessen lange verschollener '''[[Johannes Lang Grabstein|Grabstein]]''' 2014 wiederentdeckt wurde. Seinen prominenten Lehrer Jodocus Trutfetter konnte Luther 1518 in einem Gespräch im '''[[Collegium_marianum_Jodocus_Trutfetter|Collegium marianum]]''' allerdings nicht vom reformatorischen Gedankengut überzeugen.


Immer wieder hat Erfurt unter sich wandelnden politisch-gesellschaftlichen Bedingungen seinen "großen Sohn der Stadt" gefeiert. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert gehörte er zu den zentralen Symbolfiguren im bürgerlich-nationalen Geschichtsbild. Hierfür stehen u.a. das '''[[Luther Denkmal Erfurt|Lutherdenkmal]]''' auf dem Anger (Foto: Alexander Raßloff), die '''[[Luther_Rathaus_Erfurt|Wandbilder]]''' im Rathaus (siehe Abb., Bild im Festsaal zur Universitätsgeschichte) und das Denkmal vor der '''[[Lutherdenkmal Lutherschule|Lutherschule]]'''. 1886 gründete sich der '''[[Evangelischer_Bund|Evangelische Bund]]''' als größter konfessioneller Interessenverband in der Lutherstadt Erfurt. Selbst in der späten DDR-Zeit kam es zu eindrucksvollen Würdigungen im Rahmen des '''[[Luther Ehrung Erfurt 1983|Luther-Jubiläums 1983]]'''. In der aktuellen Lutherdekade bis zum '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum 2017]]''' bemüht man sich in der Lutherstadt Erfurt weiter um Profilschärfung. Wesentlich hierzu beitragen kann die für 2017 vorgeschlagene Aufnahme des Augustinerklosters auf die '''[[UNESCO_Welterbe_Augustinerkloster_juedisches_Erbe|UNESCO-Welterbeliste]]'''. Der '''[[Rotary Club Erfurt]]''' möchte zum Reformationstag 2017 eine Bronzefigur Luthers von Künstler Christian Paschold an der Rathausfassade einweihen.
Erfurt darf also neben Wittenberg und der Wartburg als wichtigster Lutherort gelten, in dessen historischer Altstadt sich noch viele Spuren des "werdenden Reformators" finden. Hier stehen mit dem '''[[Collegium maius Erfurt|Collegium maius]]''' das Hauptgebäude seiner Universität, heute Verwaltungssitz der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, die '''[[Georgenburse Erfurt|Georgenburse]]''' mit Gedenkstätte und Pilgerherberge sowie das '''[[Augustinerkloster Erfurt|Augustinerkloster]]''', eine renommierte Tagungs- und Begegnungsstätte mit Ausstellung samt Lutherzelle und historischer Bibliothek. Zu diesen herausragenden Erinnerungsorten kommen weitere hinzu, wie '''[[Engelsburg Erfurt|Engelsburg]]''', '''[[Dom Erfurt|Dom]]''', Kaufmannskirche, '''[[Michaeliskirche]]''', '''[[Barfuesserkirche_Erfurt_Totentanz|Barfüßerkirche]]''' oder Gasthaus '''[[Hohe Lilie|Zur Hohen Lilie]]'''. Im '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''' wird die authentische Geschichtslandschaft museal gebündelt und Luthers Erfurter Zeit in den Kontext der spätmittelalterlichen Handels- und Kulturmetropole gestellt. Hier finden sich zudem zahlreiche biographische Zeugnisse von Luthers Eintrag in die Universitätsmatrikel 1501, dem ersten schriftlich verbrieften Datum überhaupt, bis hin zu seinem '''[[Schreibkasten_Martin_Luther|Schreibkasten]]'''.
 
Immer wieder hat Erfurt unter sich wandelnden politisch-gesellschaftlichen Bedingungen seinen "großen Sohn der Stadt" gefeiert. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert gehörte er zu den zentralen Symbolfiguren im bürgerlich-nationalen Geschichtsbild. Hierfür stehen u.a. das '''[[Luther Denkmal Erfurt|Lutherdenkmal]]''' auf dem Anger (Foto: Alexander Raßloff), die '''[[Luther_Rathaus_Erfurt|Wandbilder]]''' im Rathaus (siehe Abb., Bild im Festsaal zur Universitätsgeschichte) und das Denkmal vor der '''[[Lutherdenkmal Lutherschule|Lutherschule]]'''. 1886 gründete sich der '''[[Evangelischer_Bund|Evangelische Bund]]''' als größter konfessioneller Interessenverband in der Lutherstadt Erfurt. Selbst in der späten DDR-Zeit kam es zu eindrucksvollen Würdigungen im Rahmen des '''[[Luther Ehrung Erfurt 1983|Luther-Jubiläums 1983]]'''. Anlässlich des '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläums 2017]]''' hatte man auf die Aufnahme des Augustinerklosters auf die '''[[Augustinerkloster_Erfurt_UNESCO_Weltkulturerbe|UNESCO-Welterbeliste]]''' gehofft. Der Antrag für die Lutherstätten in Mitteldeutschland mit zehn weiteren Mitbewerbern wurde jedoch kurzfristig zurückgezogen. Der '''[[Rotary Club Erfurt]]''' möchte 2017 eine Bronzefigur Luthers von Künstler Christian Paschold an der Rathausfassade einweihen.


('''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''')
('''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''')




Lesetipps:
'''Siehe auch:''' Erfurt begeht '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum 2017]]''',  Thüringer Tourismusgesellschaft bietet '''[http://www.youtube.com/watch?v=piUDRwZTYZI Kurzfilm zu Luther und Erfurt]''' (3:06 min), Heimatmaler und Historiker präsentieren Leporello zur '''[[Lutherstadt Erfurt]]'''
 
 
'''Lesetipps'''


'''Steffen Raßloff, Volker Leppin, Thomas A. Seidel (Hg.): [[Orte der Reformation Erfurt|Orte der Reformation. Erfurt.]]''' Leipzig 2012.  
Steffen Raßloff, Volker Leppin, Thomas A. Seidel (Hg.): '''[[Orte der Reformation Erfurt|Orte der Reformation. Erfurt.]]''' Leipzig 2012.  


'''Andreas Lindner und Steffen Raßloff: [[Luther Erfurt Predigten|Reformation konkret. Luther auf Erfurter Kanzeln.]]''' Erfurt 2012 (2. Auflage 2016).
Andreas Lindner/Steffen Raßloff: '''[[Luther Erfurt Predigten|Reformation konkret. Luther auf Erfurter Kanzeln.]]''' Erfurt 2012 (2. Auflage 2016).


'''Steffen Raßloff: [[Geschichte der Stadt Erfurt Rassloff|Geschichte der Stadt Erfurt.]]''' Erfurt 2012 (4. Auflage 2016).  
Steffen Raßloff: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt Rassloff|Geschichte der Stadt Erfurt.]]''' Erfurt 2012 (4. Auflage 2016).  


'''Jürgen Valdeig und Steffen Raßloff: [[Lutherstadt Erfurt]]''' (Leporello mit Lutherstätten). Erfurt 2015.
Steffen Raßloff: '''[[Kleine Geschichte der Stadt Erfurt]]'''. Ilmenau 2016.


'''Steffen Raßloff und Thomas A. Seidel (Red.): [[Lutherland Thüringen|Lutherland Thüringen.]]''' Erfurt 2013 (3. Auflage 2014).
Kai Uwe Schierz (Hg.): '''[[Luther_Der_Auftrag_Angermuseum_2017|Luther – Der Auftrag. Martin Luther und die Reformation in Erfurt. Rezeption und Reflexion]]'''. Erfurt 2017.


'''Steffen Raßloff: [[Luther in Thüringen|Martin Luther in Thüringen.]]''' Erfurt 2010 (2. Auflage 2014).


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Siehe auch: '''[http://www.youtube.com/watch?v=piUDRwZTYZI Kurzfilm zu Luther und Erfurt]''' (3:06 min), '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum 2017]]'''
(Thüringer Allgemeine vom 28.03.2017, zum Lesen anklicken!)

Version vom 7. Oktober 2017, 07:30 Uhr

Lutherstadt Erfurt

Erfurt ist die Stadt des jungen Luthers, des Studenten, Magisters und Mönches, in der der spätere Reformator seine geistige Prägung erfuhr.


LutherWandbild.jpg
Lutherpforte.jpg
Lutherdenkmal.jpg

Martin Luther (1483-1546) durchlebte in Erfurt die entscheidende geistige Prägephase als Student, Magister und junger Mönch von 1501 bis 1511. Nach nach dem Wunsch des Vaters sollte er an der Universität Erfurt das Rüstzeug für eine glanzvolle Karriere erwerben. Der junge Mann war beeindruckt vom regen geistigen Leben der pulsierenden Metropole, mit fast 20.000 Einwohnern eine der größten Städte des Reiches. Neben Erfurt nähmen sich alle übrigen Universitäten wie "kleine (ABC-)Schützenschulen" aus, so Luther.

Beim Eintrag in die Matrikel 1501, immerhin das erste urkundlich verbürgte Datum seiner Biographie, wehte "Martinus Ludher ex Mansfeldt" im Collegium maius bereits der Geist von gut hundert Jahren Geschichte an. Die Hierana (= Universität an der Gera) galt zu jener Zeit als eine der angesehensten Hochschulen Mitteleuropas und hatte 1379 als erste im heutigen Deutschland ein Gründungsprivileg erhalten. Luthers "Studentenwohnheim", die Georgenburse, sowie die meisten Bursen, Kollegien, die Universitätskirche (Michaeliskirche) und zahlreiche Druckereien befanden sich im "lateinischen Viertel". Das Studium begann mit der Philosophischen Fakultät, ehe man eine der drei höheren Fakultäten (Recht, Medizin, Theologie) besuchen konnte. Luther schloss jenes Grundstudium der sieben Freien Künste 1505 erfolgreich als Magister ab. Später bekannte er: "Die Erfurter Universität ist meine Mutter, der ich alles verdanke."

Das anschließende Jurastudium brach Luther nach seinem sagenumwobenen "Gewittererlebnis" jedoch ab. Auf dem Heimweg von den Eltern in Mansfeld ereilte ihn am 2. Juli 1505 nahe dem heutigen Erfurter Vorort Stotternheim ein Unwetter, wobei er in größter Not geschworen haben soll: "Hilf du, Heilige Anna, ich will ein Mönch werden!" Dies ist als entscheidender biographischer Wendepunkt, als "Werdepunkt der Reformation" eingestuft worden, wie es auf dem Gedenkstein von 1917 heißt. Heute geht man von einem längeren Prozess und einem Bündel verschiedener Motive aus, die zu jener Entscheidung gegen den Willen von Eltern und Freunden geführt haben. Am 17. Juli 1505 trat Luther durch die legendäre Lutherpforte (Foto: Dr. Steffen Raßloff) in das Erfurter Augustinerkloster ein. Bis 1511 sollte er sich hier der strengsten "Möncherei" unterwerfen und mit der Frage kämpfen, wie er zu einem gnädigen Gott kommen könne. 1507 erfolgte die Priesterweihe im Dom St. Marien durch Weihbischof Johannes Bonemilch von Laasphe, zugleich nahm Luther das Theologiestudium auf, das er 1512 in Wittenberg mit der Doktor-Promotion abschloss. 1510/11 führte eine Ordensangelegenheit den Erfurter Augustinermönch zum einzigen Mal an den Sitz des Papstes nach Rom.

Aber auch der Reformator ließ von Wittenberg aus die Kontakte nicht abreißen, griff mehrfach - etwa mit seinen spekatkulären Predigten - in das Geschehen in Erfurt ein. Mit Johannes Lang, dem "Reformator Erfurts", besaß er hier einen der ältesten und wichtigsten Mitstreiter, dessen lange verschollener Grabstein 2014 wiederentdeckt wurde. Seinen prominenten Lehrer Jodocus Trutfetter konnte Luther 1518 in einem Gespräch im Collegium marianum allerdings nicht vom reformatorischen Gedankengut überzeugen.

Erfurt darf also neben Wittenberg und der Wartburg als wichtigster Lutherort gelten, in dessen historischer Altstadt sich noch viele Spuren des "werdenden Reformators" finden. Hier stehen mit dem Collegium maius das Hauptgebäude seiner Universität, heute Verwaltungssitz der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, die Georgenburse mit Gedenkstätte und Pilgerherberge sowie das Augustinerkloster, eine renommierte Tagungs- und Begegnungsstätte mit Ausstellung samt Lutherzelle und historischer Bibliothek. Zu diesen herausragenden Erinnerungsorten kommen weitere hinzu, wie Engelsburg, Dom, Kaufmannskirche, Michaeliskirche, Barfüßerkirche oder Gasthaus Zur Hohen Lilie. Im Stadtmuseum wird die authentische Geschichtslandschaft museal gebündelt und Luthers Erfurter Zeit in den Kontext der spätmittelalterlichen Handels- und Kulturmetropole gestellt. Hier finden sich zudem zahlreiche biographische Zeugnisse von Luthers Eintrag in die Universitätsmatrikel 1501, dem ersten schriftlich verbrieften Datum überhaupt, bis hin zu seinem Schreibkasten.

Immer wieder hat Erfurt unter sich wandelnden politisch-gesellschaftlichen Bedingungen seinen "großen Sohn der Stadt" gefeiert. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert gehörte er zu den zentralen Symbolfiguren im bürgerlich-nationalen Geschichtsbild. Hierfür stehen u.a. das Lutherdenkmal auf dem Anger (Foto: Alexander Raßloff), die Wandbilder im Rathaus (siehe Abb., Bild im Festsaal zur Universitätsgeschichte) und das Denkmal vor der Lutherschule. 1886 gründete sich der Evangelische Bund als größter konfessioneller Interessenverband in der Lutherstadt Erfurt. Selbst in der späten DDR-Zeit kam es zu eindrucksvollen Würdigungen im Rahmen des Luther-Jubiläums 1983. Anlässlich des 500. Reformationsjubiläums 2017 hatte man auf die Aufnahme des Augustinerklosters auf die UNESCO-Welterbeliste gehofft. Der Antrag für die Lutherstätten in Mitteldeutschland mit zehn weiteren Mitbewerbern wurde jedoch kurzfristig zurückgezogen. Der Rotary Club Erfurt möchte 2017 eine Bronzefigur Luthers von Künstler Christian Paschold an der Rathausfassade einweihen.

(Dr. Steffen Raßloff)


Siehe auch: Erfurt begeht 500. Reformationsjubiläum 2017, Thüringer Tourismusgesellschaft bietet Kurzfilm zu Luther und Erfurt (3:06 min), Heimatmaler und Historiker präsentieren Leporello zur Lutherstadt Erfurt


Lesetipps

Steffen Raßloff, Volker Leppin, Thomas A. Seidel (Hg.): Orte der Reformation. Erfurt. Leipzig 2012.

Andreas Lindner/Steffen Raßloff: Reformation konkret. Luther auf Erfurter Kanzeln. Erfurt 2012 (2. Auflage 2016).

Steffen Raßloff: Geschichte der Stadt Erfurt. Erfurt 2012 (4. Auflage 2016).

Steffen Raßloff: Kleine Geschichte der Stadt Erfurt. Ilmenau 2016.

Kai Uwe Schierz (Hg.): Luther – Der Auftrag. Martin Luther und die Reformation in Erfurt. Rezeption und Reflexion. Erfurt 2017.


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(Thüringer Allgemeine vom 28.03.2017, zum Lesen anklicken!)