Gedenktafel Schutzhaftlager Feldstraße Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Sascha Münzel/Eckart Schörle: Erfurt Feldstraße. Ein frühes Lager im Nationalsozialismus.''' Erfurt 2012 (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen).
'''Sascha Münzel/Eckart Schörle: Erfurt Feldstraße. Ein frühes Lager im Nationalsozialismus.''' Erfurt 2012 (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen).

Version vom 28. März 2012, 14:25 Uhr

Gedenktafel Schutzhaftlager Feldstraße

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (10.09.2011)


Willkür und Gewaltexzess

DENKMALE IN ERFURT (10): In einer Hinterhof-Fabrik im Erfurter Norden geschahen im Frühjahr 1933 ungeheuerliche Dinge. Eine Gedenktafel erinnert an das „Schutzhaft-Lager“ der SA in der Feldstraße 18.


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Der Historiker Sascha Münzel hat sich im jüngsten Band der Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt mit den „Sondervernehmungen“ der Erfurter SA im Frühjahr 1933 beschäftigt. Sie waren eine der blutigen Begleiterscheinungen der „Machtergreifung“ des Nationalsozialismus. Gegner Hitlers wurden von der paramilitärischen Truppe der NSDAP in sogenannte „Schutzhaft“ genommen und brutal misshandelt. Überwiegend handelte es sich dabei um Kommunisten und Sozialdemokraten, von denen drei während der „Vernehmungen“ das Leben verloren. Weitere NS-Gegner fielen anderen Aktionen zum Opfer. Treffend charakterisiert Münzel diese Geschehnisse im Titel seines Aufsatzes als „Willkür und Gewaltexzess“.

Ein Fabrikgelände im Hinterhof der Feldstraße 18 fungierte als zentrales „Schutzhaftlager“ für Erfurt. Von April bis September 1933 waren dort bis zu 100 Menschen eingesperrt. Von hier aus und vom Polizeigefängnis auf dem Petersberg wurden sie zu den „Sondervernehmungen“ etwa auf den Hundesportplatz an der Gaststätte „Zum Blumenthal“ am heutigen Oschatzer Weg und in den Steiger gebracht. Auch in der Feldstraße, wo die Häftlinge unter katastrophalen hygienischen Bedingungen eingesperrt waren, kam es zu schweren Misshandlungen durch die SA. Dies spielte sich inmitten eines Wohnviertels nahe am Ilversgehofener Platz ab. So scheinen die späteren Behauptungen auch vieler Erfurter, sie hätten von den Verbrechen der Nazis nichts gewusst, wenig glaubhaft. Man konnte sehr wohl wissen, mit welcher Brutalität die NS-Diktatur von Beginn an gegen ihre Gegner vorging. Aber viele Bürger ließen sich von der nationalen Aufbruchstimmung nach 1933 anstecken und akzeptierten das „Aufräumen“ mit den „Roten“. Andere hatten wohl einfach Angst, selbst ins Fadenkreuz der braunen Schlägertruppe oder der Gestapo zu geraten.

Die in der DDR-Zeit angebrachte Tafel an der Hofeinfahrt macht auf die dunkle Geschichte des Ortes aufmerksam. Hier „waren etwa 100 Antifaschisten eingekerkert. Unter ihnen befanden sich auch die Erfurter Widerstandskämpfer Heinz Sendhoff, Josef Ries, Waldemar Schapiro, Fritz Büchner, die im Stadtgebiet von Erfurt durch die Faschisten bestialisch ermordet wurden. Ihr Leben ist uns Vorbild und Verpflichtung.“ Mag der Antifaschismus in der DDR auch als Staatsdoktrin instrumentalisiert worden sein, so hat die Erinnerung an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft natürlich weiterhin ihren festen Platz in der Erfurter Denkmallandschaft. Und auch die historische Aufarbeitung wird fortgesetzt. Sascha Münzel und sein Kollege Eckart Schörle planen für 2012 eine Publikation zum Lager in der Feldstraße.


Literaturtipp:

Sascha Münzel/Eckart Schörle: Erfurt Feldstraße. Ein frühes Lager im Nationalsozialismus. Erfurt 2012 (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen).


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Erfurt im Nationalsozialismus, Gedenktafel Gefängnis Petersberg, Deserteurdenkmal