Deutsche Nationalversammlung Weimar 1919

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Deutsche Nationalversammlung 1919

In Weimar wurde 1919 die erste deutsche Demokratie aus der Taufe gehoben. Von Februar bis August tagte die Deutsche Nationalversammlung in der symbolträchtigen Goethestadt und verabschiedete die Verfassung der Weimarer Republik.


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Mit der Novemberrevolution 1918 erlebte Deutschland eine tiefe historische Zäsur. Aus dem Kaiserreich wurde eine parlamentarische Demokratie, die als Weimarer Republik in die Geschichte einging. Während in Berlin immer wieder Unruhen aufflackerten, stand die Goethestadt von Februar bis August 1919 als Tagungsort der Nationalversammlung im Rampenlicht der weltweiten Öffentlichkeit. Am 31. Juli wurde die Weimarer Reichsverfassung angenommen und am 11. August von Reichspräsident Friedrich Ebert in Schwarzburg im Thüringer Wald unterzeichnet. Weimar wurde so zum Geburtsort der ersten deutschen Demokratie, das Deutsche Nationaltheater (Foto: Alexander Raßloff) zu ihrem Symbolort.

Für Weimar hatte nicht zuletzt die gute Erreichbarkeit in der Mitte Deutschlands gesprochen. In die Reichshauptstadt Berlin richtete man eine tägliche Verbindung von Flugplatz am Webicht ein – die erste zivile Fluglinie Deutschlands. Für die äußere Sicherheit sorgte das Freiwillige Landesjägerkorps unter General Georg Maercker, während in der beschaulichen Bürger- und Beamtenstadt kaum revolutionäre Unruhen zu befürchten waren. Die Kulturstadt bot ausreichend Unterkünfte für die rund 2000 Abgeordneten, Delegierten und Journalisten aus aller Welt. Das zum Deutschen Nationaltheater erhobene Hoftheater nahm das Parlament auf, Reichspräsident Friedrich Ebert (SPD) und die Reichsregierung erhielten im Residenzschloss Quartier.

Natürlich wurde auch der Ruf Weimars als Klassikerstadt, als kulturelle Hauptstadt Deutschlands für den demokratischen Neubeginn in Anspruch genommen, während es nach Kriegsniederlage und Revolution vor allem in West- und Süddeutschland starke Vorbehalte gegen Berlin und Preußen gab. Jetzt muss der Geist von Weimar, der Geist der großen Philosophen und Dichter, wieder unser Leben erfüllen. So beschwor Friedrich Ebert in seiner Eröffnungsrede am 6. Februar 1919 die Abgeordneten. Spätestens mit der Annahme des demütigenden Versailler Friedensvertrages vom 28. Juni 1919 durch die demokratische Parlamentsmehrheit geriet das System von Weimar freilich für die politische Rechte zum negativen Kampfbegriff.

Innenminister Eduard David (SPD) bezeichnete die Weimarer Reichsverfassung als die demokratischste Demokratie der Welt. Ihr toleranter Geist sollte einen Neuanfang für die ganze Gesellschaft ermöglichen. Der Stolz auf dieses Erbe ist lange vom raschen Scheitern der Republik überschattet worden. Geboren aus Kriegsniederlage und Implosion des Kaiserreiches, ging sie schon 14 Jahre später in der blutigen NS-Diktatur unter. In der DDR galt die Demokratie von Weimar als bürgerlich-parlamentarisches Mäntelchen der Diktatur der Monopolbourgeoisie. In der Bundesrepublik standen ihre Schwächen im Mittelpunkt. Geradezu beschwörend wurde dies auf die Formel Bonn ist nicht Weimar bzw. Berlin ist nicht Weimar gebracht. Die Weimarer Republik ist aber auch ein Grundpfeiler unserer demokratischen Traditionen. Große Teile des Grundgesetzes fußen auf der Weimarer Reichsverfassung, zentrale Ansätze von Demokratie, gesellschaftlicher Mitbestimmung und Sozialstaat gehen in diese Zeit zurück. Nicht zuletzt sorgte die Republik für die Entfaltung einer kreativen Kultur, für die das Weimarer Bauhaus exemplarisch steht. Im 100. Jubiläumsjahr 2019 wird deshalb am Theaterplatz ein Haus der Weimarer Republik als nationaler Erinnerungs- und Lernort für die erste deutsche Demokratie eröffnen.


Steffen Raßloff: Die erste deutsche Demokratie. Weimar und die Nationalversammlung 1919. In: Thüringen. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2018 (3. Auflage 2022). S. 96 f.


Siehe auch: Geschichte Thüringens, Geschichte Weimars, Erfurt Bewerbung Nationalversammlung, 100. Jubiläum 2019, Bauhaus Weimar