Christian Reichart: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Beitrag der Serie [[Denkmale in Erfurt|Denkmale in Erfurt]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (13.08.2011)'''
'''Christian Reichart gilt als "Vater der Blumenstadt Erfurt". Ihm errichtete man 1867 das erste Denkmal für einen verdienten Bürger.'''
 
[[Datei:ReichartAl.jpg|300px|right]]Idyllisch im Grünen, aber doch ziemlich versteckt vor neugierigen Blicken, steht das '''[[Christian Reichart Denkmal|Reichartdenkmal]]''' in der Grünanlage an der Pförtchenbrücke. (Foto: Alexander Raßloff) Der verdienstvolle Gartenbau-Pionier, der "Vater der Blumenstadt Erfurt", Christian Reichart (1685-1775), hätte eigentlich einen exponierteren Platz verdient. Tatsächlich hat man dieses erste Denkmal für einen Bürger auch auf einem belebten Platz in der Stadt eingeweiht – dem heutigen Karl-Marx-Platz.
 
1867 errichtete die '''[[Geschichte der Stadt Erfurt|Stadt Erfurt]]''' für den Gartenbauunternehmer, Stadtrat und engagierten Bürger das Denkmal von Georg Friedrich Carl Kölling auf dem "Platz am Wassertor". Der Platz selbst wurde ihm zu Ehren in Reichartplatz umbenannt. Bis dahin waren derartige Ehrungen nur Monarchen, Feldherren oder sonstigen Großen der Geschichte vorbehalten. Das verweist auf das wachsende Selbstbewusstsein der Bürgerschaft und auf das große Ansehen Reicharts. Man sah ihn nicht zu Unrecht am Beginn des Aufstiegs von Erfurt zu einem internationalen Zentrum des Gartenbaus stehen.


Ein Monarch war es dann aber auch, der Reichart 1899 an seinen heutigen Standort in der damals noch ganz frisch angelegten Grünanlage am Flutgraben verdrängte. Er musste dem 1900 eingeweihten '''[[Kaiser_Wilhelm_Denkmal_Erfurt|Kaiser-Wilhelm-Denkmal]]''' weichen, wobei auch der Platz in Kaiserplatz umbenannt wurde. Immerhin hatte man 1886 in der Nähe der Pförtchenanlage die Reichart­straße angelegt, die den Namen bis heute im Stadtbild bewahrt. Der Kaiserplatz dagegen wurde 1945 in Karl-Marx-Platz umbenannt, das Denkmal für Kaiser Wilhelm I. (1871-1888) war kurz zuvor für Kriegszwecke eingeschmolzen worden.


'''Dem Vater der Blumenstadt Erfurt'''
Übrigens gibt es ein weiteres Denkmal für Reichart. Das ist freilich ähnlich gut versteckt. Es findet sich vor der einstigen Ingenieurschule für Gartenbau "Christian Reichart" in der Leipziger Straße, die heute zur Fachhochschule Erfurt gehört. 1985 hat dort Kerstin Stöckel eine '''[[Reichart Büste|Bronzebüste]]''' auf rechteckigem Steinsockel geschaffen. Die von ihr abgebildeten Gesichtszüge orientieren sich an dem bekannten Gemälde des Erfurter Barockmalers J. S. Beck, der jüngst im Angermuseum mit einer großen Ausstellung gewürdigt wurde. Schließlich erinnert noch eine Gedenktafel nahe der Reglerkirche an den einstigen Wohnsitz Reicharts.


DENKMALE IN ERFURT (6): Christian Reichart gilt als Begründer des modernen Gartenbaus. Ihm errichtete man 1867 das erste Denkmal für einen verdienten Bürger der Stadt.
Mit Blick auf die vielfältigen Vorbereitungen zur '''[[Bundesgartenschau Erfurt 2021|Bundesgartenschau 2021]]''' sollte man vielleicht auch über eine etwas wirksamere Würdigung Christian Reicharts im öffentlichen Raum nachdenken. Ohne sein Wirken in einer wichtigen Schwellenzeit am Beginn der Moderne würde Erfurt heute vermutlich nicht den noch immer weitreichenden Ruf einer Blumen- und Gartenbaustadt genießen. Und dies wiederum war 2011 ein wichtiges Argument für die segensreiche Entscheidung der Bundesgartenschau-Gesellschaft zugunsten Erfurts.   
   


[[Datei:Reichartdenkmalweltnet.jpg|270px|right]]Das vor einigen Monaten erschienene Buch des Erfurter Geschichtsvereins zur „Blumenstadt Erfurt“ schlägt den Bogen vom mittelalterlichen Waidhandelszentrum bis hin zum heutigen egapark. Eine Schlüsselstellung nimmt dabei der Aufsatz zu Christian Reichart (1685-1775) und den Anfänger des modernen Erwerbsgartenbaus ein. Die Autoren Eberhard Czekalla und Reiner Prass würdigen den „Vater der Blumenstadt Erfurt“ als erfolgreichen Quereinsteiger in die Gärtnerbranche, als Autor international beachteter Fachbücher, als Erfinder von neuen Gartengeräten und Anbaumethoden, als Züchter, aber auch als vielfältig engagierten Bürger seiner Vaterstadt. Er steht am Anfang einer Entwicklung, die Erfurt um 1900 an die Spitze des weltweiten Gartenbaus führen sollte.
('''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''')


So wundert es nicht, wenn aus einem Impuls der großen internationalen Gartenbauausstellung 1865 in Erfurt heraus zwei Jahre später Christian Reichart das erste Denkmal für einen verdienten Bürger der Stadt errichtet wurde. Georg Carl Kölling schuf eine Sandsteinfigur im Habitus des späten 18. Jahrhunderts. Aufgestellt wurde sie auf dem Platz „Am Wasserthor“, der in Reichartplatz umbenannt wurde. Allerdings wandelte sich, gewissermaßen als Spiegel der Geschichte, der Reichartplatz 1900 zum Kaiserplatz mit Kaiser-Wilhelm-Denkmal und 1945 zum Karl-Marx-Platz. Das Denkmal musste 1899 in die idyllische, aber abgelegene Pförtchenanlage weichen. Ein zweites, 1985 eingeweihtes Denkmal befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Ingenieurschule für Gartenbau in der Leipziger Straße, die den Namen Reicharts trug und heute zur Fachhochschule Erfurt gehört. Es handelt sich um eine Bronzebüste von Kerstin Stöckel, die sich an dem bekannten Gemälde von Jacob Samuel Beck orientiert.


Christian Reichart ist bis heute eine der bekannten Persönlichkeiten der Stadtgeschichte. Im letzten Jahr würdigte man seinen 325. Geburtstag mit einem Festakt im Rathaus und einer kleinen Ausstellung. Die Versuche von geschichtsbewussten Bürgern, das Denkmal aus der Pförtchenanlage an seinen alten Platz zurück zu führen oder zumindest den Reichartplatz zurück zu benennen, scheiterten jedoch an Stadtverwaltung und Lokalpolitik. Auch die Anregung, die Reichartbüste aus der Leipziger Straße in die Grünanlage vor der Reglerkirche umzusetzen, wurde nicht aufgriffen. Dort war der engagierte Bürger jahrzehntelang als Organist in seiner Kirchgemeinde tätig und wohnte direkt vis-a-vis. Man wird also weiterhin im Zentrum der Blumenstadt vergeblich nach einem Denkmal für Christian Reichart suchen.
Literaturtipps:


'''Martin Baumann/Steffen Raßloff (Hg.): [[Blumenstadt Erfurt|Blumenstadt Erfurt. Waid - Gartenbau - iga/egapark]]'''. Erfurt 2011.


Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Domstufen Blumenstadt|Erfurt - Der "Gärtner des Reiches"]]''', '''[[Blumenstadt Erfurt]]''', '''[[Bundesgartenschau Erfurt 2021]]''', '''[[Johann Hieronymus Kniphof]]'''
'''Steffen Raßloff: [[Kleine Geschichte der Stadt Erfurt]]'''. Ilmenau 2016. ''(mit einem Kapitel zur Blumenstadt Erfurt)''

Version vom 23. November 2017, 08:38 Uhr

Christian Reichart

Christian Reichart gilt als "Vater der Blumenstadt Erfurt". Ihm errichtete man 1867 das erste Denkmal für einen verdienten Bürger.


ReichartAl.jpg

Idyllisch im Grünen, aber doch ziemlich versteckt vor neugierigen Blicken, steht das Reichartdenkmal in der Grünanlage an der Pförtchenbrücke. (Foto: Alexander Raßloff) Der verdienstvolle Gartenbau-Pionier, der "Vater der Blumenstadt Erfurt", Christian Reichart (1685-1775), hätte eigentlich einen exponierteren Platz verdient. Tatsächlich hat man dieses erste Denkmal für einen Bürger auch auf einem belebten Platz in der Stadt eingeweiht – dem heutigen Karl-Marx-Platz.

1867 errichtete die Stadt Erfurt für den Gartenbauunternehmer, Stadtrat und engagierten Bürger das Denkmal von Georg Friedrich Carl Kölling auf dem "Platz am Wassertor". Der Platz selbst wurde ihm zu Ehren in Reichartplatz umbenannt. Bis dahin waren derartige Ehrungen nur Monarchen, Feldherren oder sonstigen Großen der Geschichte vorbehalten. Das verweist auf das wachsende Selbstbewusstsein der Bürgerschaft und auf das große Ansehen Reicharts. Man sah ihn nicht zu Unrecht am Beginn des Aufstiegs von Erfurt zu einem internationalen Zentrum des Gartenbaus stehen.

Ein Monarch war es dann aber auch, der Reichart 1899 an seinen heutigen Standort in der damals noch ganz frisch angelegten Grünanlage am Flutgraben verdrängte. Er musste dem 1900 eingeweihten Kaiser-Wilhelm-Denkmal weichen, wobei auch der Platz in Kaiserplatz umbenannt wurde. Immerhin hatte man 1886 in der Nähe der Pförtchenanlage die Reichart­straße angelegt, die den Namen bis heute im Stadtbild bewahrt. Der Kaiserplatz dagegen wurde 1945 in Karl-Marx-Platz umbenannt, das Denkmal für Kaiser Wilhelm I. (1871-1888) war kurz zuvor für Kriegszwecke eingeschmolzen worden.

Übrigens gibt es ein weiteres Denkmal für Reichart. Das ist freilich ähnlich gut versteckt. Es findet sich vor der einstigen Ingenieurschule für Gartenbau "Christian Reichart" in der Leipziger Straße, die heute zur Fachhochschule Erfurt gehört. 1985 hat dort Kerstin Stöckel eine Bronzebüste auf rechteckigem Steinsockel geschaffen. Die von ihr abgebildeten Gesichtszüge orientieren sich an dem bekannten Gemälde des Erfurter Barockmalers J. S. Beck, der jüngst im Angermuseum mit einer großen Ausstellung gewürdigt wurde. Schließlich erinnert noch eine Gedenktafel nahe der Reglerkirche an den einstigen Wohnsitz Reicharts.

Mit Blick auf die vielfältigen Vorbereitungen zur Bundesgartenschau 2021 sollte man vielleicht auch über eine etwas wirksamere Würdigung Christian Reicharts im öffentlichen Raum nachdenken. Ohne sein Wirken in einer wichtigen Schwellenzeit am Beginn der Moderne würde Erfurt heute vermutlich nicht den noch immer weitreichenden Ruf einer Blumen- und Gartenbaustadt genießen. Und dies wiederum war 2011 ein wichtiges Argument für die segensreiche Entscheidung der Bundesgartenschau-Gesellschaft zugunsten Erfurts.

(Dr. Steffen Raßloff)


Literaturtipps:

Martin Baumann/Steffen Raßloff (Hg.): Blumenstadt Erfurt. Waid - Gartenbau - iga/egapark. Erfurt 2011.

Steffen Raßloff: Kleine Geschichte der Stadt Erfurt. Ilmenau 2016. (mit einem Kapitel zur Blumenstadt Erfurt)