100 Jahre Hindenburg-Programm Ruestung Gewehrfabrik

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100 Jahre Hindenburg-Programm

Gewaltige Rüstungsschmiede

Serie Historisches 2016: Vor 100 Jahren rückte Erfurt mit dem „Hindenburg-Programm“ zu einem der größten Rüstungszentren in Deutschland auf.


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Vor 100 Jahren ging der Erste Weltkrieg einem seiner blutigen Höhepunkte entgegen. Von Februar bis Dezember 1916 tobte die zum Synonym für den Vernichtungskrieg gewordene Schlacht um Verdun. 800.000 Tote und Verwundete forderte diese erste große Materialschlacht, etwa zu gleichen Teilen Franzosen und Deutsche. Einen wirklichen Sieger gab es nicht, wenngleich Frankreich die mit vielen Legenden umwobene Abwehr des deutschen Angriffs feierte. Auf deutscher Seite erkannte die neue Heeresleitung um Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg und dessen Generalquartiermeister Erich Ludendorff, dass der Krieg nur noch unter Mobilisierung aller Kräfte in der Heimat zu gewinnen war. Am 31. August 1916 legte sie hierfür ein umfangreiches Rüstungs- und Wirtschaftsprogramm vor, das als „Hindenburg-Programm“ in die Geschichte einging.

Für Erfurt hatte dies einschneidende Folgen. Schon seit Kriegsbeginn 1914 war ein großer Teil der Wirtschaft direkt oder indirekt in die Rüstung einbezogen worden. Mit dem Hindenburg-Programm steigerte sich die Rüstungsindustrie nun endgültig zum beherrschenden Sektor. Auf dem Höhepunkt 1917 arbeiteten bis zu 42.000 Arbeiter in rund 650 Rüstungsbetrieben. Das verkehrsgünstig und weitab der Grenzen gelegene Erfurt war eines der größten deutschen Rüstungszentren geworden. Allein die 1862 vom preußischen Staat im Brühl errichtete Gewehrfabrik soll bis zu 20.000 Mitarbeiter gezählt haben. Deren wohl bekanntestes Produkt war das seit 1898 hergestellte Gewehr 98, kurz G 98. Es gehörte über Jahrzehnte im preußischen bzw. deutschen Heer zur Ausrüstung. Vom G 98 in seinen verschiedenen Ausführungen wurden bis 1918 in der Gewehrfabrik rund 1,5 Millionen Exemplare hergestellt.

An jene Zeit als gewaltige Rüstungsschmiede erinnert im schmucken Stadtteil Brühl rund um die Neue Oper nur noch wenig. Die meisten Baulichkeiten der Gewehrfabrik, in der später Schreibmaschinen der Marken Olympia und Optima hergestellt wurden, sind verschwunden. Am markantesten steht für jene Epoche noch das Heizwerk direkt vis-avis der Oper, das sich heute mit seiner repräsentativen Front gut in das Kulturquartier einfügt. Es war als modernes Heizkraftwerk 1915 seiner Bestimmung übergeben worden – und damit gerade rechtzeitig, um die enorme Produktionssteigerung durch das Hindenburg-Programm technisch mit zu realisieren. An den Rüstungsstandort Erfurt erinnern auch zahlreiche Exponate im Stadtmuseum „Haus zum Stockfisch“, insbesondere in der Gewehrfabrik hergestellte Feuerwaffen wie das G 98.

(Dr. Steffen Raßloff in Thüringer Allgemeine vom 23.01.2016)


Siehe auch: Erster Weltkrieg, Heizwerl Brühl, Gewehr 98, Stadtmuseum Erfurt, Geschichte der Stadt Erfurt